Kindesunterhalt in Österreich |Was ist anders?
Unterschiede zwischen Deutschland und Österreich


Prüfungsschema
zum österreichischen Kindesunterhalt

Anspruchsgrundlage

§ 231 Abs.1 und Abs.2 ABGB
Gesetzestext


(1) Die Eltern haben zur Deckung der ihren Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse des Kindes unter Berücksichtigung seiner Anlagen, Fähigkeiten, Neigungen und Entwicklungsmöglichkeiten nach ihren Kräften anteilig beizutragen.

(2) Der Elternteil, der den Haushalt führt, in dem er das Kind betreut, leistet dadurch seinen Beitrag. Darüber hinaus hat er zum Unterhalt des Kindes beizutragen, soweit der andere Elternteil zur vollen Deckung der Bedürfnisse des Kindes nicht imstande ist oder mehr leisten müsste, als es seinen eigenen Lebensverhältnissen angemessen wäre.

Anmerkung


Seit In-Kraft-Treten des KindNamRÄG 2013 ist der Unterhaltsanspruch des Kindes nicht mehr in § 140 ABGB, sondern in § 231 ABGB geregelt. Kindesunterhalt in Form monatlicher Geldrente (Barunterhalt) wird nur dann geschuldet, wenn das Kind aufgrund von Trennung der Eltern nicht bei beiden Eltern lebt oder weil das Kind eine Schule oder Universität im Ausland besucht. Ansonsten bestehen die Unterhaltsleistungen in Sachleistungen ( Naturalunterhalt), Betreuung und Taschengeld. Die Vorschrift entspricht dem deutschen § > 1606 Abs.3 BGB und § > 1603 Abs.2 BGB.

Bedarf
des Kindes

OGH, Beschluss vom 18.12.2009 - 2Ob67/09f
Regelbedarf & Geldunterhalt


(Zitat) " Regelbedarf als Orientierungshilfe zur Ermittlung des Unterhaltsbedarfs des Kindes regelmäßig (...) nur eine Messgröße dafür abgibt, welcher Geldunterhalt zusätzlich zur Betreuung eines Kindes erforderlich ist (9 Ob 222/02s; Barth/Neumayr aaO Rz 77)."

Zur Bestimmung der Höhe des Unterhalts für Kinder wird in Deutschland wird der Regelbedarf anhand von > Tabellenwerten der Düsseldorfer Tabelle ermittelt. In Österreich wird der Regelbedarf nach anderen Ermittlungsmethoden bestimmt.

Prozentsatzmethode
zur Bedarfsermittlung


Um der Vorgabe des § 231 Abs.1 ABGB zu entsprechen, wonach der (Geld-)Bedarf des Kindes sich an den wirtschaftlichen Lebensverhältnissen (d.h. vorrangig am > Einkommen) der unterhaltspflichtigen Eltern zu orientieren hat, wird der Bedarf des Kindes mit einem Prozentsatz vom Einkommen des barunterhaltspflichtigen Elternteils ermittelt. Je nach Alter des Kindes und sonstiger bestehender Unterhaltspflichten differiert der Prozentsatz. Mehr zur > Prozensatzmethode erfahren Sie > hier 

Mindestbedarf


Die Ergebnisse der Prozentsatzmethode von der österreichischen Rechtsprechung als angemessen akzeptiert, soweit sie sich im Rahmen zwischen dem Mindestbedarf und anerkannten Luxusgrenzen bewegen. Führt die Prozentsatzmethode zu einem Bedarf, der geltende > Regelbedarfssätze unterschreitet, so ist der Regelbedarfssatz als Mindestbedarf maßgebend. Die Regelbedarfssätze werden jedes Jahr vom LGZ Wien jeweils für den Zeitraum von 1. Juli bis 30. Juni > veröffentlicht. Regelbedarfssätze markieren die Grenze des Existenzminimums des Kindes, die bei der Bedarfsermittlung nicht unterschritten werden darf. Der Bedarf nach den Regelbedarfssätzen nach österreichischem Recht entspricht dem > Mindestunterhalt nach § 1612a BGB im deutschem Recht. Dieser kann nur unterschritten werden, wenn der Unterhaltspflichtige nicht > leistungsfähig ist und keine > fiktiv en Einkünfte zugerechnet werden.

OGH, Beschluss vom 30.08.2006 - 7Ob164/06b
Regelbedarf = Mindestbedarf des Kindes


(Zitat) "In rechtlicher Hinsicht folgerte das Erstgericht (zusammengefasst), dass der monatliche Regelbedarf als Durchschnitts- und Mindestbedarf für Kinder in der Altersgruppe des Julian derzeit EUR 363 betrage, welcher (bei entsprechender Leistungsfähigkeit) durchaus bis zum Zweieinhalbfachen (also ca EUR 907) überschritten werden könne."

Luxusbedarf
Unterhaltsstopp


Die Ergebnisse der Prozentsatzmethode finden ihre Obergrenze (= Unterhaltsstopp) in Form der sog. > Luxusgrenze. Mehr dazu
> hier 

Sonderbedarf


Der Sonder- oder Individualbedarf ist nach Lehre und Rspr dagegen jener individuelle und außergewöhnliche Bedarf, der dem unterhaltsberechtigten Kind infolge Berücksichtigung der bei der Ermittlung des Regelbedarfs bewusst außer acht gelassenen Umstände erwächst (SZ 63/81 mwN; RZ 1995/30; 1 Ob 2383/96i uva; Schwimann in Schwimann2, § 140 ABGB Rz 27 ff). Ganz allgemein ist der Sonderbedarf durch die Momente der Außergewöhnlichkeit, Dringlichkeit und Individualität gekennzeichnet, betrifft hauptsächlich die Erhaltung der (gefährdeten) Gesundheit, die Heilung einer Krankheit und die Persönlichkeitsentwicklung (insbesondere Ausbildung, Talentförderung und Erziehung) des Kindes und fällt somit bei der Mehrzahl der unterhaltsberechtigten Kinder regelmäßig nicht an ( 1 Ob 2383/96i ; SZ 70/23 mwN ua).

OGH, Beschluss vom 13.10.2010 - 3Ob144/10p
Regelbedarf & Sonderbedarf


(Zitat) "Unter Sonderbedarf versteht man jenen - den Regelbedarf übersteigenden - Bedarf, der dem Unterhaltsberechtigten infolge Berücksichtigung der bei der Ermittlung des Regelbedarfs bewusst außer Acht gelassenen Umstände erwächst (RIS-Justiz RS0047564; ähnlich RIS-Justiz RS0117791). Dagegen ist Regelbedarf jener Bedarf, den jedes Kind einer bestimmten Altersstufe in Österreich ohne Rücksicht auf die konkreten Lebensverhältnisse seiner Eltern an Nahrung, Kleidung, Wohnung und zur Bestreitung der weiteren Bedürfnisse, wie etwa kultureller und sportlicher Betätigung, sonstiger Freizeitgestaltung und Urlaubs, hat (RIS-Justiz RS0047531). Der Sonderbedarf betrifft inhaltlich hauptsächlich die Erhaltung der (gefährdeten) Gesundheit, die Heilung einer Krankheit und die Persönlichkeitsentwicklung (insbesondere Ausbildung, Talentförderung und Erziehung) des Kindes; eine generelle Aufzählung all dessen, was als Sonderbedarf anzuerkennen ist, ist kaum möglich (RIS-Justiz RS0107180). Er ist durch die Momente der Außergewöhnlichkeit, Dringlichkeit und Individualität gekennzeichnet und fällt bei der Mehrzahl der unterhaltsberechtigten Kinder regelmäßig nicht an (RIS-Justiz RS0107180 [T3]). Betrifft der Sonderbedarf die Gesundheit, ist er als deckungspflichtig anzuerkennen (RIS-Justiz RS0047560)."

OGH, Beschluss vom 07.07.2009 - 5Ob116/09h
Prozentsatzmethode & Sonderbedarf


(Zitat) "Sonderbedarf ist jener Bedarf, der sich aus der Berücksichtigung der beim Regelbedarf bewusst außer Acht gelassenen Umstände des Einzelfalls ergibt (vgl RIS-Justiz RS0117791; RS0047564; RS0109908 ua). Dass die Kosten einer kieferorthopädischen Behandlung einen solchen Sonderbedarf darstellen, entspricht ständiger höchstgerichtlicher Judikatur (9 Ob 507/95 = SZ 68/38; 10 Ob 118/97v = EFSlg 83.289; 6 Ob 643/95; zuletzt 6 Ob 230/08d) und wird im vorliegenden Fall vom Unterhaltspflichtigen auch nicht bestritten. 2.) Ob ein Sonderbedarf vom Unterhaltspflichtigen zu decken ist, hängt davon ab, ob es dem Unterhaltspflichtigen angesichts der Einkommens- und Vermögensverhältnisse zumutbar ist (vgl RIS-Justiz RS0107179; RS0109907; RS0047543 ua). Erbringt der Unterhaltsschuldner ohnedies Unterhaltsleistungen, die den Regelbedarf beträchtlich übersteigen, ist im Rahmen der Unterhaltsbemessung Sonderbedarf nur dann zu ersetzen, wenn dessen Aufwendungen höher sind als die Differenz zwischen dem Regelbedarf und der laufenden monatlichen Unterhaltsverpflichtung (vgl RIS-Justiz RS0047525). Dabei genügt es, dass der Unterhaltsberechtigte in der Lage ist, den ihm geleisteten Sonderbedarf in Raten aus dem ihm zustehenden, den Regelbedarf deutlich übersteigenden Unterhaltsbetrag zu bestreiten (vgl 1 Ob 415/97d ua). Eine Überschreitung der Prozentsatzkomponente, der das Hauptgewicht bei der Unterhaltsbemessung zukommt (vgl 3 Ob 531/92 = EFSlg 67.737; 1 Ob 588/93 = ÖA 1994, 99 U 94 ua), wird überhaupt nur bei existenznotwendigem Sonderbedarf oder bei sonst förderungswürdigen Kindern zuerkannt (vgl RIS-Justiz RS0109907; Barth/Neumayr in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang3 § 140 Rz 85 f mw Rechtsprechungshinweisen). Hiebei ist zu prüfen, ob die Aufwendungen für den begehrten Sonderbedarf auch in einer intakten Familie unter Berücksichtigung der konkreten Einkommens- und Vermögenssituation getätigt worden wären (vgl die zuvor angeführten Belegstellen; RIS-Justiz RS0109907)."

OGH, Beschluss vom 25.11.2014 - 10 Ob 63/14h
Sonderbedarf: Kosten der kieferorthopädischen Behandlung & Differenzjudikatur


(Zitat) " die [...] Rechtsprechung, nach der Kosten für kieferorthopädische Behandlungen auf so viele Monate umzulegen sind, wie die Behandlung durch diese Zahlung gedeckt ist (Gitschthaler, Unterhaltsrecht, Rz 275/5) bezieht sich auf Sachverhalte, bei denen die regelmäßig erbrachten Unerhaltsleistungen den Regelbedarf beträchtlich übersteigen" [...] der Sonderbedarf (ist) nur insoweit zu ersetzen, als diese Aufwendungen höher sind als die Differenz zwischen dem Regelbedarf und dem zuerkannt gewesenen Unterhalt. Bei einmaligen Anschaffungen und auch Zahnbehandlungskosten, die einen Anspruch auf Sonderbedarf begründen können, ist zwecks Erzielung einer sachgerechten Lösung der Anschaffungspreis durch so viele Monate zu teilen wie der Nutzungsdauer des angeschafften entspricht."

Anmerkung: Nach deutschem Recht haben bei Elternteile nach Maßgabe ihrer jeweiligen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit für den Sonderbedarf aufzukommen (mehr dazu > hier ). Österreich geht einen volkommen anderen Weg. Hier gilt die sog. " Differenzjudikatur ": Danach wird die Differenz zwischen > Regelbedarf und tatsächlicher Unterhaltspflicht wird ermittelt und der monatliche Differenzbetrag mit den Monaten des Behandlungszeitraums addiert. Der sich danach ergebende Differenzbetrag wird nicht als zusätzlicher Sonderbedarf vom barunterhaltspflichtigen Elternteil geschuldet. Nur soweit der Gesamtbetrag des Sonderbedarfs diesen Differenzbetrag übersteigt, muss er als zusätzlicher Sonderunterhalt bezahlte werden. Die Differenzjudikatur gilt in Fällen, in denen der barunterhaltspflichtige Elternteil eine wesentlich über dem Regelbedarfssatz liegende > (Regel-)Unterhaltsverpflichtung trifft.

OGH, Beschluss vom 30.07.2009 – 8 Ob 53/09s
Sonderbedarf: Privatschule - Internat


(Zitat) " Erwächst einem unterhaltsberechtigten Kind ein Mehrbedarf, der über den allgemeinen Durchschnittsbedarf („Regelbedarf") eines gleichaltrigen Kindes in Österreich ohne Rücksicht auf die konkreten Lebensverhältnisse seiner Eltern hinausgeht, bilden diese Kosten einen Sonderbedarf (stRsp RIS-Justiz RS0109908). Der Mehrbedarf ist nur deckungspflichtig, wenn er aus gerechtfertigten, in der Person des Kindes liegenden Gründen entstanden ist. Weiters muss der Bedarf den Kriterien der „Individualität", „Außergewöhnlichkeit" und „Dringlichkeit" entsprechen (RIS-Justiz RS0047539). Eine generelle Aufzählung all dessen, was Sonderbedarf sein kann, ist nicht möglich; maßgeblich sind wie ausgeführt immer die Umstände des Einzelfalls ( 7 Ob 97/08b ; Gitschthaler, Unterhaltsrecht² Rz 272; Schwimann/Kolmasch, Unterhaltsrecht4, 90 ff).

Die gesonderte Abgeltung von Sonderbedarf hat Ausnahmecharakter, sodass der Unterhaltsberechtigte für die den Sonderbedarf begründenden Umstände behauptungs- und beweispflichtig ist (SZ 63/81; RIS-Justiz RS0047525). Der Anspruch auf Sonderbedarf ist mit der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten begrenzt, dem ein zur angemessenen Lebensführung ausreichendes Einkommen verbleiben muss (RIS-Justiz RS0047543 ; RS0047544 ; RS0109907). Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang iSd § 140 Abs 2 ABGB weiters, ob der das Kind betreuende Elternteil durch die schulbedingte Abwesenheit des Kindes von der Betreuungs- und Verpflegungstätigkeit entlastet wird und daher Geld für Sonderausgaben zur Verfügung steht, das bei gewöhnlicher Betreuung nicht vorhanden wäre (RIS-Justiz RS0047562 [T2]; RS0047553 [T1, T2]). Eine Überschreitung der „Prozentsatzkomponente", der das Hauptgewicht bei der Unterhaltsbemessung zukommt, ist aber nur bei existenznotwendigem Sonderbedarf oder bei besonders förderungswürdigen Kindern zulässig ( 1 Ob 150/08b ua). Auch Ausbildungskosten können ebenso wie Kosten einer Internatsunterbringung Sonderbedarf sein, wenn diese aus Gründen der Berufsausbildung erfolgt, eine gleichwertige Berufsausbildung am Ort der Betreuung nicht möglich ist und eine tägliche Zureise vom Wohnort zum Ort der Ausbildung nicht in Betracht kommt oder dem Kind nicht zumutbar ist (SZ 63/121; RIS-Justiz RS0047562 ).

Entgegen der Rechtsansicht des Rekursgerichts kommt es in diesem Zusammenhang nicht auf die Art der Ausbildung an, die der Unterhaltsberechtigte absolviert, sondern immer darauf, ob im konkreten Einzelfall ein Bedarf besteht (Individualbedarf), der nach den dargelegten Grundsätzen über den allgemeinen Bedarf hinaus gerechtfertigt erscheint. So hatte sich der Oberste Gerichtshof bereits mit der Frage eines Sonderbedarfs für ein Studium an einer ausländischen Privatuniversität auseinanderzusetzen ( 3 Ob 270/98x ), aber auch für den Besuch eines ausländischen Internats (Mittelschule in München, 2 Ob 89/03g ), ganz allgemein mit Sonderbedarf für die Kosten einer Privatschule ( 6 Ob 195/04a ) und schließlich auch mit Sonderbedarf für die Kosten eines Internats verbunden mit dem - wie hier - Besuch einer Tourismusschule ( 4 Ob 97/04z ). "

Bedürftigkeit
des Kindes

§ 231 Abs. 3 ABGB
Gesetzestext


(3) Der Anspruch auf Unterhalt mindert sich insoweit, als das Kind eigene Einkünfte hat oder unter Berücksichtigung seiner Lebensverhältnisse selbsterhaltungsfähig ist.

Anmerkung


Hinweis : diese Vorschrift entspricht dem deutschen § > 1602 Abs.1 BGB.

Der Unterhaltsanspruch endet mangels Bedürftigkeit des Kindes mit der -> Selbsterhaltungsfähigkeit. Nach Abschluss einer Berufsausbildung ist ein Jugendlicher grundsätzlich selbsterhaltungsfähig. Es muss ihm jedoch eine angemessene Zeit eingeräumt werden, um einen geeigneten Arbeitsplatz zu finden. Grundsätzlich ist einem Kind nach Schul- bzw. Ausbildungsabschluss ein angemessener (mehrmonatiger: in der Regel sechs Monate) Zeitraum für die Suche nach einem ausbildungsadäquaten Arbeitsplatz zu gewähren, währenddessen es unterhaltsberechtigt bleibt (Neuhauser in Schwimann/Neumayr (Hrsg), ABGB Taschenkommenta4r (2017), Rz 214). Laut Rechtsprechung wird die Selbsterhaltungsfähigkeit während der beruflichen Grundausbildung nach dem Pflichtschulabschluss bis zum Ausbildungsabschluss bzw. bis zum verschuldeten Ausbildungsscheitern hinausgeschoben. Bei entsprechender Eignung des Unterhaltsberechtigten besteht auch Anspruch auf eine weiterführende qualifizierte (gehobene) Berufsausbildung, etwa durch Fachlehrgänge, Fachschulen oder ein Hochschulstudium (Neuhauser in Schwimann/Kodek (Hrsg), ABGB Praxiskommenta4r (2013), Rz 416,417). Die Selbsterhaltungsfähigkeit ist erst dann gegeben, wenn eine Ausbildung beendet ist, die ein Einkommen ermöglicht, das über der Mindestpension (= durchschnittlicher Ausgleichszulagenrichtsatz) laut ASVG liegt (Anmerkung: Beachten Sie immer den aktuellen ASVG-Richtsatz, Stand Jänner 2015: € 872,31 ; jeweils multipliziert mal 14 dividiert durch 12: so z.B. EFSlg 65.847, OGH 1991/08/27, 5 Ob 513/91; 1992/01/16, 8 Ob 649/91; 1991/08/27, 5 Ob 513/91; 1992/02/05, 2 Ob 586/91). Den aktuellen jahresdurchschnittlichen Ausgleichszulagenrichtsatz erfahren Sie > hi er (Stand 2015 = 965,80 €).

  • Zum Abruf der aktuellen Ausgleichszulagenrichtsätze > hier

Familienbeihilfe
mindert die Bedürftigkeit


Die Familienbeihilfe steht in voller Höhe jenem Elternteil zu, bei dem das noch nicht selbsterhaltungsfähige Kind lebt. Die Familienbeihilfe wird vollständig oder zum Teil auf den Unterhalt angerechnet. Dies hängt von der Unterhaltshöhe ab. Näheres zur - Familienbeihilfe in Österreich > hier . Allerdings besteht diese Möglichkeit nur, wenn der Unterhaltspflichtige in Österreich steuerpflichtig ist: dazu Thema > Familienbeihilfe.

Ausbildungsvergütung
Anrechung auf den Bedarf


Loewe

BG Reutte, Beschluss vom 04.09.2019 – 1 Pu 60/18v
(intern vorhanden, unser Az.: 903/18)
Die Anrechnung Lehrlingsgehalt auf den Unterhaltsbedarf


BG Thalgau, Beschluss vom 14.07.2015 – 3 FAM 30/15t-8
Die Anrechnung eigenen Einkommens des Kindes auf den Unterhaltsbedarf


Zitat : „Der Anspruch auf Unterhalt mindert sich insofern, als das Kind über eigene Einkünfte verfügt, oder nach seinen Lebensumständen als selbsterhaltungsfähig anzusehen ist. Im gegenständlichen Fall bezieht der Antragsgegner Eigeneinkommen in Höhe von durchschnittlich EUR 671.86. Berufsausbildungsbedingte Kost1:1n wurde weder behauptet noch entsprechend belegt. Der Restunterhalt bei durchschnittlichen Verhältnissen bemisst sich nach der vom Obersten Gerichtshof entwickelten

Formel:
Restunterhalt = (Mindestpension - Kindeseinkommen) x (Regelbedarf: Mindestpension)

(Mindestpension im Jahr 2017: EUR 985,20; > Regelbedarf für 15 bis 19-Jährige EUR 569,00). Es bemisst sich sohin ein verminderter Betrag von gerundet EUR (...) an Restunterhaltsanspruch für den volljährigen […]“

Anmerkung: Diese Berechnungsformel zur Anrechnung des eigenen Einkommen des Kindes gilt nur, solange das Kind noch im Haushalt des anderen Elternteils lebt (§ > 231 Abs.2 AGBGB) und führt im Ergebnis zur Anrechnung der Hälfte des (Eigen-)Einkommens. Wenn das Kind einen eigenen Haushalt führt (Eigenpflege) gilt diese Anrechnungsformel nicht.

Die Lehrlingsentschädigung (§ 17 BAG) fällt unter jene Einkünfte des Kindes im unterhaltsrechtlichen Sinn, die auf den Unterhaltsanspruch anzurechnen sind (z.B. OGH, 4 Ob 511/91, 8 Ob 504/91). Als Abgeltung für die Erfüllung der einem Lehrling im Rahmen seiner Ausbildung übertragenen innerbetrieblichen Aufgaben (§ 10 (1) BAG) unterliegt die Lehrlingsentschädigung unterhaltsrechtlich grundsätzlich keiner Sonderbehandlung. Grundsätzlich wird somit der Unterhaltsanspruch auf den Betrag gemindert, der bei Berücksichtigung der eigenen Einkünfte des Kindes zum Eintritt seiner Selbsterhaltungsfähigkeit fehlt (OGH 1995/06/28, 7 Ob 569/95). Die Differenz des Eigeneinkommens zur Selbsterhaltungsfähigkeitsgrenze ist auf die beiden Eltern grundsätzlich hälftig aufzuteilen (EF-Slg 77.865; 74.858; 71.550). Dabei wird bei durchschnittlichen Verhältnissen mit folgender Formel zur Berücksichtigung des Kindeseinkommens gerechnet:

Die Lehrlingsentschädigung kann um berufsbedingten Mehraufwand bereinigt werden. Bestehen keine Anhaltspunkte, dass durch Antritt der Lehre zusätzlicher Bedarf entstanden ist, sind keine Erhebungen anzustellen. (OGH 1991/05/29, 2 Ob 534/91). Es werden von der Rechtsprechung pauschal berufsbedingte Aufwendungen bei Lehrlingen angenommen (ohne konkreten Nachweis) und mit verschiedenen Pauschalbeträgen angesetzt oder aber Fahrtkosten zur Ausbildungsstelle oä (OGH 1996/10/15, 4 Ob 2291/96g; nach deutschem Recht gilt für den ausbildungsbedingten Mehraufwand ein Pauschalabzug von 90,00 €/Monat > hier .

Ausbildungsvergütung
Anrechungsbeispiel bei durchschnittlichen Lebensverhältnissen


  • Bemessungsgrundlagen
    • Selbsterhaltungsfähigkeitsgrenze = > Mindestpension : 965,80 € (Stand ab 01.01.2015 > hier )
    • Eigeneinkommen des Lehrlings (bereinigt) : 625,- € x 14/12 = 729,17 €
    • Regelbedarfsatz für Kinder zwischen 15 und 19 Jahren: 439 (Stand bis 30.06.2015)
  • Formel > hier
  • Restgeldunterhaltsanspruch =
    (965,80 – 729,17) € x (439 : 965,80) = 236,63 € x 0,4545 = gerundet 108,00 €

Diese Berechnungsmethode gilt, bei durchschnittlichen Lebensverhältnissen.

Ausbildungsvergütung
Anrechungsbeispiel bei überdurchschnittlichen Lebensverhältnissen


Liegt der ohne Anrechnung des eigenen Einkommens nach der Prozentsatzmethode ermittelte Kindesunterhalt deutlich über dem Regelbedarf, judiziert der OGH mit einer relativ komplizierten > Formel (z.B. OGH vom 10.4.1997, 2 Ob 77/97 f):

OGH, Beschluss vom 24.04.2012 - 8Ob38/12i
zur Berücksichtigung des Eigeneinkommens bei überdurchschnittlichen Verhältnissen


(Zitat) "Zur Berücksichtigung des Eigeneinkommens des Unterhaltsberechtigten bei überdurchschnittlichen Verhältnissen wurde in Judikatur und Literatur eine Formel entwickelt, wonach sich der Restgeldunterhalt unter Abzug jener Quote des Kindeseinkommens ergibt, die sich aus dem Verhältnis vom Geldunterhalt zum Geldunterhalt + Differenz zwischen Mindestpension und Regelbedarf ergibt ( 8 Ob 528/93 ; 2 Ob 77/97f ; Gitschthaler, Unterhaltsrecht, 221; Schwimann/Kolmasch, Unterhaltsrecht5, 138)".

Bei überdurchschnittlichen Lebensverhältnissen (hohe Unterhaltsbeträge) wird die Anrechnung des Eigeneinkommens nach folgender Formel berechnet:

  • Restgeldanspruch = GU (= Geldunterhaltsanspruch nach bisheriger Prozentsatzmethode) - {[GU x Eigeneinkommen] / [GU + > Mindestpension - Regelbedarfssatz]}

Beispiel


Bemessungsgrundlagen

♦ Alter Kind über 15;

♦ Geschwister, ja: 2 % Abzug von der Prozentsatzmethode

♦ Einkommen Vater 4.853,25 € (26 224,15);

♦ Eigeneinkommen Kind 723,33 € (5.400,00);

♦ Mindestpension 965,80 €

♦ Regelbedarf: 443,- €

♦ Geldunterhalt: 20 % aus 4.853,25 € = 970,65 €, gerundet 971,- €


Anwendung der Formel

Restgeldanspruch = GU (= Geldunterhaltsanspruch nach bisheriger Prozentsatzmethode) - {[GU x Eigeneinkommen] / [GU + > Mindestpension - Regelbedarfssatz]}

= 971 € - [(971,00 x 723,33) : (971,00 + 965,80 - 443,00)] €

= 971 € - [702.353,43 : 1.503,80] €

= 971 - 467,05 €

= 503,95 €, gerundet 504,- €

Anspannungsgrundsatz
Obliegenheit zur Erwerbstätigkeit


Der Jugendliche verliert seinen Unterhaltsanspruch, wenn er die Aufnahme einer zumutbaren Erwerbstätigkeit unterlässt (> Anspannungsgrundsatz). Während eines Studiums bleibt der Unterhaltsanspruch bestehen, wenn das Studium zielstrebig und erfolgreich betrieben wird. Als Beurteilungsrahmen wird die Durchschnittsdauer des jeweiligen Studiums herangezogen.

OGH, Beschluss vom 04.03.2013 - 8 Ob 3/13v
Unterhaltsanspruch trotz Schulabbruchs?


Rechtssatz: Der Unterhaltsanspruch eines Kindes außerhalb des Pflichtschulalters erlischt grundsätzlich erst dann, wenn das Kind nach Beendigung (Abschluss oder Abbruch) der Schulausbildung eine zielstrebige Berufsausbildung oder zumutbare Erwerbstätigkeit nach Abschluss der Berufsausbildung unterlässt. Nach Beendigung der Schulausbildung ist dem Kind ein angemessener Zeitraum für eine zielstrebige Berufsausbildung und Arbeitsplatzsuche einzuräumen (> Orientierungsphase ).

Bedürftigkeit
bei Wehr- und Zivildienst


Leistet ein Kind Präsenz- oder Zivildienst (Bundesheer) ab, ist in dieser Zeit grundsätzlich kein Unterhaltsanspruch gegen die ELtern gegeben. Denn mit Hilfe der staatlichen Grundversorgung wird im Regelfall von der > Selbsterhaltungsfähigkeit auszugehen sein. Das wird bei durchschnittlich zu wertenden Lebensverhältnissen angenommen. Bei weit überdurchschnittlichen Lebensverhältnissen (d.h. bei gehobenen Einkommensverhältnissen) des Unterhaltspflichtigen wird ein ergänzender Unterhaltsanspruch des Kindes in Betracht kommen. Ausschlaggebend ist - wie so oft - die Betrachtung des Einzelfalls.

OGH, Beschluss vom 07.12.2001 - 7 Ob 253/06s
Unterhaltsanspruch bei Wehr- bzw. Zivildienst?


Rechtssatz: Der Kläger als zivildienstleistendes Kind muss - bei gegebenen bloß durchschnittlichen (bescheidenen) Lebensverhältnissen beider Streitteile - im Hinblick auf die ihm nach §§ 25 ff ZDG zustehenden Ansprüche auf Geldleistungen und Sachleistungen als (hier: weiterhin und durchgehend) selbsterhaltungsfähig angesehen werden. Der kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung (§ 28 Abs 1) zustehende Verpflegungsanspruch, ist als (weitere) empfangene Eigenleistung im Sinne der Ansprüche nach § 25 ZDG in Anrechnung zu bringen auch wenn dem Kläger diese Leistung nur theoretisch zusteht.

Leistungsfähigkeit
des barunterhaltspflichtigen Elternteils

§ 232 ABGB
Gesetzestext


Soweit die Eltern nach ihren Kräften zur Leistung des Unterhalts nicht imstande sind, schulden ihn die Großeltern nach den Lebensverhältnissen der Eltern angemessenen Bedürfnissen des Kindes. Im Übrigen gilt der § 231 sinngemäß; der Unterhaltsanspruch eines Enkels mindert sich jedoch auch insoweit, als ihm die Heranziehung des Stammes eigenen Vermögens zumutbar ist. Überdies hat ein Großelternteil nur insoweit Unterhalt zu leisten, als er dadurch bei Berücksichtigung seiner sonstigen Sorgepflichten den eigenen angemessenen Unterhalt nicht gefährdet.

Belastungsgrenze
für den Barunterhaltspflichtigen


Hinweis: Die Vorschrift des § 232 ABGB entspricht § > 1607 BGB und § > 1603 Abs.3 S.3 BGB im deutschen Recht.

Nach deutschem Unterhaltsrecht wird die Grenze für Unterhaltszahlungen erreicht, wenn das unterhaltsrelevante Einkommen die geregelten > Selbstbehaltsätze der Düsseldorfer Tabelle unterschreitet. Gesetzlich geregelte Selbstbehaltsätze oder sonstige unterhaltsspezifische Richtlinien, die das unterhaltsrechtliche Existenzminimum vorgeben, kennt das österreichische Unterhaltsrecht nicht. Die österreichische Rechtspraxis befürwortet als Richtsatz (= Belastungsgrenze) das Unterhaltsexistenzminimum nach § 291b EO. Demnach richtet sich Belastbarkeit des Unterhaltspflichtigen nach dem (einkommensabhängigen) Unterhaltsexistenzminimum gemäß § 291b EO, das ausnahmsweise in den Grenzen des § 292b EO unterschritten werden kann. Im "Normalfall" ist zu prüfen, ob dem Unterhaltsschuldner das in § 291b EO geregelte (einkommensabhängige) Unterhaltsexistenzminimum verbliebe, wenn er sämtlichen Unterhaltsberechtigten die jeweils nach der > Prozentwertmethode errechneten Unterhaltsbeiträge zukommen ließe. Verbliebe dem Unterhaltsschuldner der seinem Einkommen entsprechende unpfändbare Freibetrag, bleibt es bei der Unterhaltsfestsetzung nach der Prozentmethode (1 Ob 160/092). Da in der Entscheidung ausdrücklich davon die Rede ist, dem Unterhaltsschuldner Anreize bieten zu wollen, ein höheres Einkommensniveau anzustreben; sind die in § 291 b iVm § 291 a Abs. 1 und Abs. 3 Z 1 EO genannten Beträge, also - vereinfacht - das Unterhaltsexistenzminimum ohne Berücksichtigung von Sorgepflichten, heranzuziehen.

Die Belastungsgrenze hat besondere Bedeutung bei Zusammentreffen mehrer gleichrangiger, konkurrierender Unterhaltspflichtigen des betroffenen Unterhaltsschuldners. Hier kommt es ähnlich dem deutschen Recht zu einer > Mangelfallberechnung, wenn bei Erfüllung aller Unterhaltspflichten das Unterhaltsexistenzminimum des Unterhaltsschuldners nicht gewahrt bleibt.

Rechtsprechung
zur Belastungsgrenze


OGH, Beschluss vom 18.12.2009 - 2Ob67/09f
Fehlende Leistungsfähigkeit eines Elternteils


(Zitat) "Ist ein Elternteil nicht leistungsfähig, so steht dem Kind nur gegenüber dem anderen Elternteil ein Geldunterhaltsanspruch zu. Dessen Höhe entspricht dem Gesamtunterhaltsbedarf des Kindes, soweit dadurch die mit der Prozentmethode ermittelte Grenze der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners nicht überschritten wird (vgl 10 Ob 2/08d; Barth/Neumayr in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang³ § 140 Rz 126; Schwimann/Kolmasch, Unterhaltsrecht4 84)."

OGH, Beschluss vom 28.06.1990 - 8Ob615/90
Leistungsfähigkeit bis zur Lohnpfändungsgrenze & Mangelfall


(Zitat) "Wie der 6. Senat des Obersten Gerichtshofes schon in der Entscheidung vom 31. Mai 1990, 6 Ob 563/90, dargelegt hat, erscheint es gerechtfertigt, jenen Teil des durchschnittlichen Nettoeinkommens des Unterhaltsschuldners, der diesem auch im Falle der exekutiven Durchsetzung des Unterhaltstitels (§ 6 LPfG) verbleiben muß, von der Bemessung auszunehmen und damit bloß den der Pfändung unterworfenen Bezugsteil entsprechend dem festgestellten Bedarf der Unterhaltsberechtigten auf die miteinander konkurrierenden Unterhaltsberechtigungen aufzuteilen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß den Eltern die Einrede (sogenannter "beneficium competentiae"), bei der gegebenen Unterhaltsbemessung sei ihr eigener angemessener Unterhalt gefährdet (vgl. Pichler aaO § 141 Rz 5), nicht zusteht, andererseits aber auch, daß der Unterhaltsschuldner nicht über Gebühr in Anspruch genommen werden darf, weil er sonst in seiner wirtschaftlichen Existenz gefährdet wäre oder an der Erzielung weiteren Einkommens kein Interesse mehr haben könnte. Daher erscheint es jedenfalls in Fällen wie dem vorliegenden, in welchem einem knapp durchschnittlichen Nettoeinkommen des Unterhaltspflichtigen vielfache Unterhaltsansprüche gegenüberstehen, durchaus gerechtfertigt, jenen Teil der Unterhaltsbemessungsgrundlage, der voraussichtlich auch der Pfändung unterworfen sein würde (§ 6 iVm § 5 LPfG), auf die Unterhaltsberechtigten zur Deckung ihrer Ansprüche im Verhältnis ihres Bedarfes aufzuteilen, so daß die am Lohnpfändungsgesetz orientierte Belastbarkeit (vgl. Pichler in ÖA 1981, 41) jedenfalls jene Grenze bildet, die bei der Unterhaltsbemessung zu Lasten des Unterhaltsschuldners im Interesse beider Teile keineswegs überschritten und bis zu der - zumindest in Fällen mehrerer miteinander konkurrierender konkreter Unterhaltspflichten - die Bemessungsgrundlage voll ausgeschöpft werden darf (6 Ob 563/90)."

Leistungsfähigkeit
und Anspannungsgrundsatz


Loewe

BG Mürzzuschlag, Beschluss vom 23.07.2015 - 1 PU 89/12 z
(intern vorhanden)
Leistungsfähigkeit und Anspannung eines selbständig tätigen Elternteils


Die Grenze der Leistungsfähigkeit nach der Exekutionsordnung ermittelt sich nicht nur aus dem realen Einkommen. Weiter ist fiktives Einkommen zu berücksichtigen, wenn die Voraussetzungen für die > Anspannung des Unterhaltsschuldners gegeben sind.
> mehr

Begrenzung
des Unterhaltsanspruchs

§ 1480 ABGB
Gesetzestext


Forderungen von rückständigen jährlichen Leistungen, insbesondere Zinsen, Renten, Unterhaltsbeiträgen, Ausgedingsleistungen, sowie zur Kapitalstilgung vereinbarten Annuitäten erlöschen in drei Jahren; das Recht selbst wird durch einen Nichtgebrauch von dreißig Jahren verjährt.

Anmerkungen


Hinweis: nach deutschem Recht ist die Verjährung von Unterhalt für minderjährige Kinder gehemmt: siehe > Verjährung.

In Österreich können Unterhaltsbeträge innerhalb von drei Jahren verjähren (§ 1480 ABGB). Bei unregelmäßigen oder verschleppten Zahlungen empfiehlt es sich rechtzeitig das zuständige Bezirksgericht anzurufen und Feststellungsantrag auf Feststellung der korrekten monatlichen Unterhaltshöhe zu stellen.

OGH, Beschluss vom 15.12.1998 - 1 Ob 180/98 x
Keine Verwirkung des Unterhalts wegen Kontaktverweigerung


(Zitat) "Daß die Minderjährige die Ausübung des Besuchrechts durch ihren Vater strikt ablehnt, hat nach herrschender Auffassung bei der Unterhaltsbemessung außer Betracht zu bleiben."

Anteilige Haftung
der Eltern

Anteilige Haftung
bei minderjährigen Kindern


Wie nach deutschem Recht wird davon ausgegangen, dass der kinderbetreuende Elternteil durch die Erbringung von Naturalleistungen seinen Anteil an der Unterhaltspflicht vollständig erfüllt. Der nicht betreuende Elternteil ist zur Leistung von Barunterhalt verpflichtet. Ebenso wie nach deutschem Recht können von dieser grundsätzlichen Verteilung der Unterhaltspflichten Ausnahmen angezeigt sein. Im Grundsatz kann daher auf die ähnlich gelagerte deutsche Rechtsprechung verwiesen werden.
> mehr

Derjenige Elternteil, der zur Erbringung von Naturalunterhalt nicht berechtigt ist, kann sich nicht darauf berufen, durch tatsächliche Betreuung seinen Beitrag zum Unterhalt zu leisten (2 Ob 1007/53, 9 Ob 118/97m).

OGH, Beschluss vom 11.10.2012 - 2Ob211/11k
Grundsätze zur Barunterhaltsverpflichtung und Kinderbetreuung


(Zitat) "Gemäß § 140 Abs 1 ABGB [ jetzt § 231 ABGB ] haben die Eltern zur Deckung der ihren Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse des Kindes nach ihren Kräften anteilig beizutragen. Nach Abs 2 dieser Bestimmung leistet der Elternteil, der den Haushalt führt, in dem er das Kind betreut, dadurch seinen Beitrag. Wird aber das Kind von keinem der beiden Elternteile betreut, so ist § 140 Abs 2 ABGB nicht anzuwenden und dem Kind steht gegen beide Elternteile ein Unterhaltsanspruch in Geld zu. Die Unterhaltsbemessung ist dann nach § 140 Abs 1 ABGB anteilig vorzunehmen. Das bedeutet, dass jeder Elternteil unter Berücksichtigung seiner eigenen Leistungsfähigkeit zum Unterhalt des Kindes beizutragen hat (vgl 1 Ob 564/91; 6 Ob 120/03w; 10 Ob 53/03x; 7 Ob 182/07a; 2 Ob 67/09f; RIS-Justiz RS0047415; Barth/Neumayr in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang³ § 140 Rz 126; Neuhauser in Schwimann/Kodek, ABGB I4 § 140 Rz 99; Schwimann/Kolmasch, Unterhaltsrecht6 [2012] 96)".

Loewe

Landesgericht Linz, Beschluss vom 03. Mai 2022 - 15 R 130/22a
(intern vorhanden: Az.: 37/ 20 - Rekursverfahren)
Anteilige Haftung für Sonderbedarf wegen Internatsaufenthalt


(Zitat) "Nach herrschender Rechtsprechung und Lehre ist bei der Beurteilung der Frage, ob zur Deckung des Sonderbedarfs beide Elternteile anteilig beizutragen haben, von der Bestimmung des > § 231 ABGB auszugehen. Aus der Anerkennung der Betreuung als vollwertigen Unterhaltsbeitrag durch den Gesetzgeber und aus dem Wortlaut des Gesetzes folgt, dass der Geldunterhaltspflichtige (andere) Elternteil im Rahmen seiner Leistungsfähigkeit grundsätzlich auch für einen Sonderbedarf des Kindes aufkommen muss, jedoch erscheint ein Ausgleich der Sonderbedarfskosten zwischen dem das Kind im eigenen Haushalt betreuenden Elternteil und dem allein geldunterhaltspflichtigen Elternteil dann gerechtfertigt, wenn es sich um einen zum Betreuungsbereich gehörenden Sonderbedarf handelt (RIS-Justiz RS0047526 [T2], [T6]; RIS-Justiz RS0047553), wie etwa die Kosten einer in der Person des Unterhaltsberechtigten begründeten Drittpflege. Wird die Mutter durch die schul- oder studienbedingte Abwesenheit des Unterhaltsberechtigten in ihrer Betreuungsleistung entlastet, hat sie anteilig zu den Kosten beizutragen (4 Ob 142/18p; LG Linz 15 R 372/18h; Gitschthaler, Unterhaltsrecht3, Rz 647). Dieser Beitrag ist aus dem Unterhalt zu leisten und es spielt dabei das eigene Einkommen der Mutter keine Rolle."

Haftungsaufteilung der Internatskosten (= > Sonderbedarf )

Der Elternteil, der das Kind außerhalb der Internatszeiten tatsächlich Leistungen zur Betreuung des Kindes erbringt, bleibt von der Aufbringung der Kosten zur Deckung des Regelbedarfs gem. 231 Abs.2 ABGB befreit. Nach herrschender Rechtsprechung und Lehre ist bei Beurteilung der Frage, ob zur Deckung des Sonderbedarfs beide Elternteile anteilig beizutragen haben, von der Bestimmung des 231 Abs.2 ABGB auszugehen. Danach leistet der Elternteil, der den Haushalt führt, in dem er das Kind betreut, dadurch seinen Beitrag. Darüber hinaus hat er zum Unterhalt des Kindes beizutragen, soweit der andere Elternteil zur vollen Deckung der Bedürfnisse des Kindes nicht im Stande ist oder mehr leisten müsste, als es seinen eigenen Lebensverhältnissen angemessen wäre. Durch 231 Abs.2 ABGB hat der Gesetzgeber die Betreuung des Kindes durch einen Elternteil im Rahmen der Haushaltsführung als vollwertigen Unterhaltsbeitrag anerkannt. Darüber hinaus hat dieser Elternteil, soweit nicht die Voraussetzungen des § 231 Abs.2 S.2 ABGB vorliegen, nichts zu leisten. Die übrigen Bedürfnisse des Kindes hat grundsätzlich der andere Elternteil zu befriedigen. Aus der Anerkennung der Betreuung als vollwertigen Unterhaltsbeitrag durch den Gesetzgeber und aus dem Wortlaut des Gesetzes folgt, dass der Geldunterhaltspflichtige (andere) Elternteil im Rahmen seiner Leistungsfähigkeit grundsätzlich auch für einen Sonderbedarf des Kindes aufkommen muss. Ein Ausgleich der Sonderbedarfskosten zwischen dem das Kind im eigenen Haushalt betreuenden Elternteil und dem allein geldunterhaltspflichtigen Elternteil ist aber dann gerechtfertigt, wenn es sich - wie im vorliegenden Fall - um einen zumindest zum Teil zum Betreuungsbereich gehörenden Sonderbedarf handelt ( 6 Ob 643/95 ; 4 Ob 77/99y ; RIS-Justiz RS0047553 ; Neuhauser in Schwimann ABGB3 § 140 Rz 19). Da die Mutter durch die schulbedingte Abwesenheit des Minderjährigen entlastet wird, hat auch sie - wenn auch mit einem geringeren Anteil als der geldunterhaltspflichtige Vater - zu den Kosten des Sonderbedarfs beizutragen. Infolge Entlastung von ihrer Betreuungs- und Verpflegungstätigkeit steht ihr Geld für „Sonderausgaben" zur Verfügung, das bei einer „normalen" Betreuung nicht vorhanden wäre ( 1 Ob 143/02i ).

OGH, Beschluss vom 16.04.2013 - 10Ob17/13t
Barunterhaltsplicht beider Eltern bei Drittpflege


(Zitat) "Lebt das Kind nicht im Haushalt der Eltern, weil es sich zur Gänze in Drittpflege befindet, sind nach der Grundregel des § 140 Abs 1 ABGB [jetzt § 231 ABGB] beide Elternteile nach ihrer Leistungsfähigkeit geldunterhaltspflichtig. Die Unterhaltsbemessung ist gemäß § 140 Abs 1 ABGB anteilig vorzunehmen. „Anteilig“ bedeutet, dass jeder Elternteil unter Berücksichtigung seiner eigenen Leistungsfähigkeit zum Unterhalt des Kindes beizutragen hat (RIS-Justiz RS0047415). Bei unterschiedlicher Leistungsfähigkeit ist von den Unterhaltsbemessungsgrundlagen jeweils der Betrag abzuziehen, der für den eigenen Unterhalt erforderlich ist; sodann sind die für den Gesamtunterhalt des Kindes erforderlichen Beträge im Verhältnis der Restsummen aufzuteilen (RIS-Justiz RS0047403)."

OGH, Beschluss vom 17.09.2015 - 1 Ob 158/15i
Anteilige Elternhaftung bei "Doppelresidenz" bzw. "Wechselmodell"


(Zitat) " 5. Betreut und versorgt der geldunterhaltspflichtige Elternteil das Kind im Rahmen des üblichen Kontaktrechts in seinem Haushalt, hat dies keine Auswirkungen auf seine Unterhaltspflicht. Üblich ist nach ständiger Rechtsprechung ein Kontaktrecht von zwei Tagen alle zwei Wochen sowie von vier Wochen in den Ferien, also etwa an 80 Tagen pro Jahr (10 Ob 17/15w mwN; vgl Schwimann/Kolmasch, Unterhaltsrecht 7 103). Es wurde aber auch schon die Ausübung eines vierzehntägigen Wochenendbesuchsrechts samt halbtägiger Betreuung einmal pro Woche noch nicht als eine über das übliche Besuchsrecht gravierend hinausgehende Betreuungsleistung angesehen (1 Ob 209/08d).

6. Teilen die Eltern die Betreuung in einem Ausmaß, das über den Rahmen der üblichen Besuchskontakte des Elternteils hinausgeht, bei dem sich das Kind nicht hauptsächlich aufhält, war nach der Rechtsprechung seine Geldunterhaltsverpflichtung nur insoweit zu reduzieren, als sich der andere Elternteil durch diese Betreuungsleistungen etwas erspart hat (zB durch Lebensmittel, Taschengeld, Wäsche und Freizeitaktivitäten) (vgl RIS-Justiz RS0047452 [T1, T9]; RS0047460). Welcher Elternteil Hauptbezugsperson und welcher Mitbetreuender ist, ergab sich bei gemeinsamer Obsorge bereits aus der Vereinbarung über den hauptsächlichen Aufenthalt bzw die tatsächliche Betreuung des Kindes. Dies sollte bezogen auf den Besuchszeitraum auch dann gelten, wenn das Kind längere Zeit beim anderen Elternteil aufhältig ist (10 Ob 17/15w mwN).

7.1. Nach der jüngeren Rechtsprechung ist der zu leistende Geldunterhalt aber zu reduzieren, wenn der Geldunterhaltspflichtige - über ein übliches Kontaktrecht hinaus - Naturalunterhalt leistet (RIS-Justiz RS0047452 [T6]).

7.2. Da Unterhaltsentscheidungen grundsätzlich Ermessensentscheidungen sind (RIS-Justiz RS0047419 [T23]), ist es nicht möglich, allgemein verbindliche Prozentsätze für Abschläge für übermäßige Betreuungsleistungen des geldunterhaltspflichtigen Elternteils festzulegen. Prozentsätze können nur den Charakter einer Orientierungshilfe haben (5 Ob 2/12y; RIS-Justiz RS0047460 [T4]; RS0128043; RS0047419). Im Rahmen des Ermessens neigt die Rechtsprechung aber dennoch dazu, in der Regel den Unterhaltsanspruch altersunabhängig um 10 % pro wöchentlichem Betreuungstag zu reduzieren, an dem sich das Kind über das übliche Ausmaß des Kontaktrechts hinaus beim geldunterhaltspflichtigen Elternteil befindet, wobei ein Besuchsrechtstag pro Woche als unterhaltsneutral anzusehen sei. Für jeden weiteren sei eine Minderung von 10 % angemessen (10 Ob 17/15w mwN). Zu 7 Ob 178/06m wurde eine Reduktion der Geldunterhaltspflicht des Vaters um 20 % gebilligt, weil das Kind an jedem zweiten Wochenende von Freitag nach dem Schulbesuch bis Dienstag/Schulbeginn - also an vier zusätzlichen Besuchstagen pro Monat und in erheblichem Ausmaß in den Ferien - insgesamt in etwa einem Drittel der Zeit vom Vater betreut wurde.

8. Es wurde aber auch schon ausgesprochen, dass eine bloße Gegenüberstellung von Besuchs- oder Betreuungstagen nicht allein und abschließend maßgeblich sein könne (5 Ob 2/12y). So werde ein 10%iger Abzug pro Tag umso weniger den wechselseitigen Leistungen entsprechen, je mehr sich die Situation einer gemeinsamen gleichwertigen Betreuung des Kindes durch beide Elternteile annähert (RIS-Justiz RS0128043). In der Entscheidung 5 Ob 2/12y (iFamZ 2012/206, 283 [krit Beclin : zu hoher Abzug] = EF-Z 2012/163, 272 [krit Gitschthaler: kein Geldunterhaltsanspruch des Kindes]) führte eine Betreuung durch den Vater an 154 Tagen jährlich zu einer Reduktion der Geldunterhaltspflicht um ca 40 %.

9.1. Bei gleichwertigen Betreuungs- und Naturalleistungen besteht nach der neueren Judikatur jedenfalls kein Geldunterhaltsanspruch, wenn das Einkommen der Eltern etwa gleich hoch ist (RIS-Justiz RS0047452 [T13]) oder den Eltern ein solches Einkommen zur Verfügung steht, das jeweils zu über der Luxusgrenze liegenden Unterhaltsansprüchen des Kindes führt (7 Ob 145/04f; 4 Ob 16/13a; 6 Ob 11/13f; 10 Ob 17/15w). Von einer etwa gleichteiligen Betreuung wurde auch dann ausgegangen, wenn kein Elternteil mindestens zwei Drittel der Betreuung durchführt; von einem etwa gleich hohen Einkommen, wenn das Einkommen eines Elternteils das des anderen nicht beträchtlich übersteigt, wobei Unterschiede bis zu einem Drittel hinzunehmen seien (4 Ob 16/13a = EF-Z 2013/115, 173 [Gitschthaler ], dazu krit Schwimann/Kolmasch aaO 104: gegen nivellierende Betrachtung von mehr als bloß geringfügigen Einkommens- und Betreuungsunterschieden).

9.2. Ansonsten steht dem Kind weiterhin ein Restgeldunterhaltsanspruch gegen den leistungsfähigeren und/oder weniger betreuenden Elternteil zu, der das unterschiedliche Betreuungsverhältnis oder den geringeren Lebensstandard, an dem das Kind beim anderen Elternteil partizipieren kann, ausgleicht (7 Ob 145/04f; 4 Ob 16/13a; 6 Ob 11/13f; 10 Ob 17/15w; Schwimann/Kolmasch aaO 103).

OGH, Beschluss vom 17.09.2015 - 1 Ob 158/15i
Anteilige Elternhaftung bei übermäßiger Betreuungsleistung des barunterhaltsplichtigen Elternteils



Anteilige Haftung

bei wirtschaftlichem Ungleichgewicht der Eltern


Nach deutschem wie nach österreichischem Recht kann es entgegen der oben erwähnten Grundsätze zu einer anderen Haftungsverteilung kommen, wenn ein starkes wirtschaftliches Ungleichgewicht zwischen den Eltern herrscht. Dies kann bis zu einer einer gänzlichen Befreiung von der Alimentationspflicht führen, wenn der die Kinder betreuende Elternteil über ein im Vergleich zum anderen Ehegatten beträchtlich höheres Einkommen verfügt (8 Ob 651/90), da die Einkommensverhältnisse der Eltern zu einer billigen Berücksichtigung bei der Ausmittlung des aufzuerlegenden Unterhaltsbeitrags zu führen hat.

OGH, Beschluss vom 17.09.2015 - 1 Ob 158/15i
Anteilige Elternhaftung bei "Doppelresidenz" und starkem wirtschaftlichem Ungleichgewicht der Eltern


Anmerkung : Wie mit Unterhaltszahlungen beim Modell der Doppelresidenz umgegangen werden soll ist in Österreich in keinem Gesetz geregelt. Eine Regelung kam erst durch mehrere Oberste Gerichthofs Urteile zustande (OGH, > Beschluss vom 19.03.2013 ; > Beschluss vom 17.09.2015 ). Im Beschluss vom 17.09.2015 wird anhand eines Falles der Unterhaltsbetrag der Eltern berechnet, bei dem das Gehalt des besserverdienenden Elternteils, das des anderen um mehr als ein Drittel übersteigt (ab TZ 10ff). Mehr Informationen zur Haftungsverteilung bei wirtschaftlichem Ungleichgewicht nach deutschem Recht finden Sie
> hier 

Anteilige Haftung
bei Internatsaufenthalt des Kindes


Der > Sonderbedarf wegen Besuch eines Internats ist nur deckungspflichtig, wenn er aus gerechtfertigten, in der Person des Kindes liegenden Gründen entstanden ist. Weiters muss der Bedarf den Kriterien der „Individualität", „Außergewöhnlichkeit" und „Dringlichkeit" entsprechen (RIS-Justiz RS0047539). Maßgeblich sind immer die Umstände des Einzelfalls (7 Ob 97/08b; Gitschthaler, Unterhaltsrecht, Rz 272; Schwimann/Kolmasch, Unterhaltsrecht4, 90 ff). Nach dieser Maßgabe muss der Besuch des Internats sich als eine besonders geeignete sog. „ Unikatsschule “ (OGH 21.10.2008, 1 Ob 150/08 b) darstellen, die wegen der besonderen Begabung des Kindes besonders förderlich und angemessen ist.

Nach herrschender Rechtsprechung und Lehre ist bei Beurteilung der Frage, ob zur Deckung des > Sonderbedarfs beide Elternteile anteilig beizutragen haben, von der Bestimmung des § > 231 Abs 2 ABGB auszugehen. Danach leistet der Elternteil, der den Haushalt führt, in dem er das Kind betreut, dadurch seinen Beitrag. Darüber hinaus hat er zum Unterhalt des Kindes beizutragen, soweit der andere Elternteil zur vollen Deckung der Bedürfnisse des Kindes nicht im Stande ist oder mehr leisten müsste, als es seinen eigenen Lebensverhältnissen angemessen wäre. Durch > 231 Abs 2 ABGB hat der Gesetzgeber die Betreuung des Kindes durch einen Elternteil im Rahmen der Haushaltsführung als vollwertigen Unterhaltsbeitrag anerkannt. Darüber hinaus hat dieser Elternteil, soweit nicht die Voraussetzungen des > 231 Abs 2 ABGB vorliegen, nichts zu leisten. Die übrigen Bedürfnisse des Kindes hat grundsätzlich der andere Elternteil zu befriedigen. Aus der Anerkennung der Betreuung als vollwertigen Unterhaltsbeitrag durch den Gesetzgeber und aus dem Wortlaut des Gesetzes folgt, dass der Geldunterhaltspflichtige (andere) Elternteil im Rahmen seiner Leistungsfähigkeit grundsätzlich auch für einen Sonderbedarf des Kindes aufkommen muss. Ein Ausgleich der Sonderbedarfskosten zwischen dem das Kind im eigenen Haushalt betreuenden Elternteil und dem allein geldunterhaltspflichtigen Elternteil ist aber dann gerechtfertigt, wenn es sich um einen zumindest zum Teil zum Betreuungsbereich gehörenden Sonderbedarf handelt (6 Ob 643/95; 4 Ob 77/99y; RIS-Justiz RS0047553; Neuhauser in Schwimann ABGB3 § 140 Rz 19).

Anteilige Haftung
bei volljährigen Kindern



In Deutschland ist die Rechtslage wie folgt: Bis zur Volljährigkeit des Kindes teilt sich der Unterhalt in Natural- und Barunterhalt auf. Ab Volljährigkeit hat das Kind keinen Bedarf mehr an Erziehung oder Betreuung. Das volljährige Kind hat nur noch Anspruch auf Barunterhalt.

In Österreich wird dies anders gesehen:

Loewe

OGH, Beschluss vom 20.01.2021 - 3Ob187/20a
Student ohne "Eigenpflege" - Kind studiert und kommt regelmäßig "nach Hause"


(Zitat) "Nach § 231 Abs 2 Satz 1 ABGB leistet der Elternteil, der den Haushalt führt, in dem er das Kind betreut, dadurch seinen Beitrag. Er erfüllt auf diesem Wege seine Unterhaltspflicht zur Gänze. Dies gilt auch bei einem volljährigen Kind. Auch wenn das Kind während der Woche auswärts untergebracht ist und sich nur an Wochenenden, zu den Feiertagen oder während der Ferien beim haushaltsführenden Elternteil befindet, dieser aber tatsächlich für das Kind Betreuungsleistungen, wie etwa Sorge für dessen Kleidung und Wäsche, erbringt, so leistet dieser Elternteil dadurch seinen vollen Beitrag zur Deckung der Bedürfnisse des Kindes (RIS-Justiz RS0047434; vgl auch RS0047443).

Dies gilt auch, wenn das auswärtige Wohnen in einer eigenen Wohnung stattfindet (2 Ob 196/02s; Stabentheiner/Reiter in Rummel/Lukas, ABGB 4 § 231 Rz 39), und auch im Fall von immer noch regelmäßig „nach Hause“ kommenden Studenten." 

Anmerkung: Anders als nach deutschem Recht gibt es für volljährige Kinder Naturalunterhalt, so lange das Kind noch im Haushalt des betreuenden Elternteils lebt und tatsächlich Betreuungsleistungen in Anspruch nimmt. Das gilt selbst dann, wenn die körperliche Pflege und Beaufsichtigung aufgrund des Alters naturgemäß in den Hintergrund tritt und das Kind unter der Woche zwecks Ausbildung auswärts lebt. Nach der ständigen Rechtsprechung haben auch bereits erwachsene, aber noch nicht selbsterhaltungsfähige Kinder Anspruch auf Betreuung, sodass nach der Rechtsprechung des OGH (Beschluss vom 23.02.2011 - 3 Ob 26/11m9) auch bei einem Kind, das zuhause noch über ein Zimmer verfügt, regelmäßig die Wäsche zum Waschen schickt oder nach Hause kommt, noch keine Eigenpflege vorliegt. Dabei erbringt der die Betreuung leistende Elternteil durch seine Betreuungsleistungen vollen Naturalunterhalt, während der Geldunterhaltspflichtige für sämtliche sonstigen Bedürfnisse des Kindes aufzukommen hat. Die Bezirksgerichte nehmen ein Leben des volljährigen Kindes im Haushalt eines Elternteils im Rahmen der Beweiswürdigung als "nachgewiesen" an, wenn das volljährige Kind das entsprechend zu Protokoll des Gerichts erklärt und eine Meldeauskunft das bestätigt (so BG Zwettl, Beschluss vom 16.12.2019 - 9 Fam 33/19, intern vorhanden, unser Az.: 71/19).

OGH, Beschluss vom 10.03.2008 - 10Ob2/08d
Anteilige Elternhaftung bei "Eigenpflege" des Kindes (z.B. Kind studiert und führt eigenen Haushalt)


(Zitat)" Nach herrschender Ansicht [siehe Gitschthaler, Unterhaltsrecht [2015 ] Rz 53 ff.) errechnet sich der Geldunterhaltsanspruch des Kindes gegenüber beiden Elternteilen bei Eigenpflege folgendermaßen:

a) Zunächst sind die Unterhaltsbemessungsgrundlagen (UBGr) der beiden Unterhaltspflichtigen zu errechnen.

b) Als Unterhaltsexistenzminimum (UntExM) ist der um ein Viertel verminderte erhöhte allgemeine Grundbetrag iSd § 291a Abs 2 Z 1 EO heranzuziehen (= Wert in der ersten Reihe der ersten Spalte der Tabelle 2b m der Existenzminimumtabelle).

c) Der Gesamtunterhaltsbedarf (GUntB) des unterhaltsberechtigten Kindes ist um sein Eigeneinkommen zu verringern.

d) Der Geldunterhaltsanspruch (GeldUhAnspr) gegenüber jedem Elternteil (hier gegenüber „Elternteil 1") errechnet sich nach folgender Formel :

Gesamtunterhaltsbedarf mal (Unterhaltsbemessungsgrundlage Elternteil 1 abzüglich Unterhaltsexistenzminimum) dividiert durch die Summe aus (Unterhaltsbemessungsgrundlage Elternteil 1 abzüglich Unterhaltsexistenzminimum) und (Unterhaltsbemessungsgrundlage Elternteil 2 abzüglich Unterhaltsexistenzminimum).

  • GeldUhAnspr gegen Vater = GUntB x (UBGr Vater - UntExM)./. [(UBGr Vater - UntExM) + (UBGr Mutter - UntExM)]
  • GeldUhAnspr gegen Mutter = GUntB x (UBGr Mutter - UntExM)./. [(UBGr Vater - UntExM) + (UBGr Mutter - UntExM)]

e) In jedem Fall darf der Unterhalt nicht höher festgesetzt werden als es der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen nach der Prozentwertmethode entspricht; allfälliges Eigeneinkommen des unterhaltsberechtigten Kindes ist dabei nicht abzuziehen.

Rechtsprechungshinweise:


Elternvereinbarung
zur anderweitigen Haftungsverteilung ist unzulässig - § 231 Abs.4 ABGB


Vereinbarungen zwischen den Eltern, die einen Unterhaltsverzicht für das Kind bedeuten, sind unzulässig. Seit der Gesetzesänderung mit KindNamRÄG 2013 sind zwischenzeitlich auch Vereinbarungen unzulässig, wonach ein Elternteil dem anderen gegenüber verpflichtet, für den Unterhalt des Kindes allein oder überwiegend aufzukommen und damit den anderen Elternteil von seiner Unterhaltsverpflichtung freistellt (§ 231 Abs.4 ABGB).


Verbrauchergeldparität

  • Link : Verbrauchergeldparität > hier

Bei Unterhaltsansprüchen mit Auslandsbezug wird auch nach österreichischem Recht das Unterhaltsermittlungsergebnis einer Korrektur nach Verbrauchergeldparität der betroffenen Länder unterzogen (Gitschthaler, Unterhaltsrecht, 3. Auflage, Seite 860):

  • Es wird von der ausländischen Währung in Euro umgerechnet
  • Dann wird der Bedarfsbetrag nach der > Prozentsatzmethode ermittelt
  • Der Bedarfsbetrag ist nun um die Verbrauchergeldparität zwischen Land des Unterhaltsschuldners und Österreich (Ort des Kindes) zu korrigieren.

Kaufkraftparität für 2018:
Ein bestimmter Warenkorb mit identischem Nutzen (einem Teil des Bruttoinlandprodukts) kostete im Jahr 2018 in der Schweiz 168 CHF, in Deutschland 107 EUR, in Frankreich 109 EUR, in Italien 98 EUR und in Österreich 111 EUR. Im Durchschnitt der 28 EU-Mitgliedsländer kostete er 100 EUR.

Links & Literatur



Links



Literatur



In eigener Sache


  • OLG München - 2 UF 613/12e, Student mit Auslandsaufenthalt (Studium in USA - Eigenpflege); Haftungsanteile der Eltern, unser Az.: 95/21
  • BG Kitzbühel - 5 Pu 278/21x, Sonderbedarf und Luxusinternat, unser Az.: 21/ 22
  • BG Zwettl - 9 FAM 33/19h, zur Berücksichtigung von Lehrlingsgehalt und Einwendungen gegen die unvollständige Auskunft des Kindes, unser AZ.: 71/ 19 (D3/619-19)
  • BG Reutte, Beschluss vom 04.09.20129 - 1 Pu 60/18v, zum unterhaltsrelevanten Existenzminimum des Unterhaltsschuldners, unser Az.: 903/ 18
  • Kindesunterhalt in Österreich bei ausgedehntem Umgang mit dem Kind, hohe Umgangskosten (Reisekosten), unser Az.: 158/ 15
  • Grenzen der Leistungsfähigkeit bei hohen Umgangskosten (Reisen zwischen Deutschland und Österreich), unser Az.: 134/ 15 (D3/888- 15)
  • Schwangerschaft während Studienzeit und Kindesunterhalt, unser Az.: 192/ 15 (D3/261- 16)
  • Anteilige Elternhaftung bei studierendem vollj. Kind mit „Eigenpflege“, unser Az.: 74/ 15 (D3/376- 15)
  • Elternhaftung bei studierendem vollj. Kind ohne „Eigenpflege“, unser Az.: 10/ 14 (D3/474/ 17)
  • Muster: Unterhaltsermittlung rückwirkend und bis zur möglichen Luxusgrenze, unser Az.: 83/ 16 (D3/632- 16); unser Az.: 902/ 18 (D3/827- 18)
  • BG Dornbirn - 9 Pu 142/11b-7; Die Unterhaltsermittlung für Kinder in Österreich gegenüber Vater in Deutschland, unser Az.: 511/ 16 (D3/1204- 16)