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Nach § 94 Abs. 1 Satz 1 des zum 1. Januar 2005 in Kraft getretenen Sozialgesetzbuchs XII geht ein nach bürgerlichem Recht bestehender Unterhaltsanspruch des Hilfeempfängers bzw. der leistungsberechtigten Person bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen auf den Träger der Sozialhilfe über. In welchem Umfang für den staatlichen Sozialträger Regressmöglichkeiten bestehen, macht § 94 SGB XII von der Art der Sozialleistungen (vgl. § 8 SGB XII) abhängig (-> vgl. Thema Regress nach § 94 SGB XII und Grundsicherung). Für die Vergangenheit - das gilt auch für den Sozialhilfeträger - kann grundsätzlich kein Unterhalt verlangt werden (-> Thema Verjährung & Verwirkung / Unterhalt für die Vergangenheit?). Der Sozialhilfeträger kann jedoch rückwirkend bis zur Mitteilung an den Unterhaltsverpflichteten, dass Sozialhilfe gewährt wird (sog. Rechtswahrungsanzeige: § 94 Abs.4 SGB XII) Unterhaltsansprüche geltend machen. Es kommt auf den Zugang der Rechtswahrungsanzeige beim Unterhaltsverpflichteten an.
Entsprechende verwaltungsinterne Schulungen der Mitarbeiter der Sozialämter und bei den Bezirksregierungen laufen auf Hochtouren, um die Auslagen der Sozialhilfe von den Kindern möglichst weitgehend zurückzuholen (vgl. dazu die Unterhaltsrichtlinien der Freie Hansestadt Bremen für die Heranziehung unterhaltspflichtiger Kinder zum Elternunterhalt in der Sozialhilfe). Streitfälle, die vor den Familiengerichten landen sind damit regelmäßig Verfahren gegen die Kinder, die von den Trägern der Sozialhilfe ausgelöst und betrieben werden. Der Anspruch auf Elternunterhalt gegen die Kinder ist im Gegensatz zu Unterhaltsansprüchen der Kinder gegen Ihre Eltern viel schwächer ausgestaltet. Ursächlich dafür ist die allgemeine Grundaussage: Kinder haben sich weder bewusst für ihre Eltern entschieden noch haben sie sich Ihre Eltern ausgesucht. Die damit schwächer ausgeprägte familiäre Solidarität der Kinder zu ihren Eltern als die Solidarität der Eltern zu ihren Kindern, hat Auswirkungen auf das Unterhaltsrecht. Das ist auf allen Prüfungsebenen des Anspruchs auf Elternunterhalt zu spüren. Von der Ermittlung des unterhaltsrelevanten Einkommens bis hin zu Fragen des einzusetzenden Vermögens bestehen Besonderheiten zu Gunsten der unterhaltspflichtigen Kinder. Einwendungen, die gegen den Regressanspruch des Sozialhilfeträgers gelten gemacht werden können sind vielfältig. In den meisten Fällen wird es dem Sozialhilfeträger kaum möglich sein, den gewünschten Regressanspruch gegen die Kinder tatsächlich durchzusetzen, wenn diese sich durch einen fachkompetenten Anwalt vertreten lassen. Wenn ein Forderungsschreiben des Sozialhilfeträgers ins Haus flattert, lohnt sich also der Gang zum Anwalt. Dass Sozialhilfeträger verstärkt versuchen, die Kinder an den Heimkosten ihrer Eltern gem. § 94 Abs. 1 Satz 1 SBG XII zu beteiligen, wird in Zukunft immer häufiger vorkommen wird. Die höchstrichterliche Rechtsprechung zum Elternunterhalt ist relativ neu und keineswegs umfangsreich. Viele Problemfelder sind bisher nicht geklärt. Gut für die Kinder, die mit anwaltlicher Hilfe ein "Sperrfeuer" gegen die Regressforderungen des Sozialhilfeträgers legen können. Schlecht für den Sachbearbeiter des Sozialhilfeträgers: Er hat weder eine familienrechtliche Fachausbildung noch eine besonders hohe Motivation im Interesse des Staates "Sperrfeuer" rechtlich fundiert entgegen zu treten. Eine Darstellung sämtlicher möglicher Einwendungen und "Tricks" würde den Rahmen dieser Internet-Seite sprengen. Die Hinweise vermitteln aber einen ersten Einblick in die Besonderheiten des Elternunterhalts.
Grund für den Anspruch ist die Verwandtschaft. Verwandte in gerader Linie (§ 1589 Abs.1 S.1 BGB) schulden sich ein Leben lang Unterhalt (§ 1601 BGB: VERWANDTENUNTERHALT). Das gilt für Kinder gegenüber ihren Eltern (= ELTERNUNTERHALT) ebenso wie umgekehrt (= KINDESUNTERHALT). Elternunterhalt basiert auf der gleichen ANSPRUCHSGRUNDLAGE wie der KINDESUNTERHALT (§ 1601, 1610 BGB). So gesehen ist der Elternunterhalt nur die Kehrseite der Medaille. Der VERWANDTENUNTERHALT beginnt mit der Geburt des Berechtigten und endet mit dem Tod des Berechtigten oder Unterhaltspflichtigen (§ 1615 BGB).
Der Bedarf beim VERWANDTENUNTERHALT (= Kindes- und Elternunterhalt) richtet sich nach § 1610 BGB. Danach wird auf den "angemessenen Bedarf" abgestellt, ohne dass dieser Begriff näher definiert ist. Dieser soll sich nach der Lebensstellung des Bedürftigen bestimmen. Die Lebensstellung des Unterhaltsbedürftigen richtet sich üblicherweise nach dem (gewohnten) eigenen Einkommen. Befinden sich die unterhaltsbedürftigen Eltern im Rentenalter, lässt sich deren Lebensstellung aus den Renteneinkünften ableiten. Weiter besteht Einigkeit, dass der Bedarf nicht unter dem EXISTENZMINIMUM des Bedürftigen liegen kann. Dieses bildet die Untergrenze für den sog. "angemessenen Bedarf" nach § 1610 BGB. Leben die Eltern in einem Pflegeheim, sind regelmäßig die Pflege- und Unterbringungskosten der Maßstab des angemessenen Bedarfs. Hierbei kann die Frage eine Rolle spielen, ob die Pflege- und Unterbringungskosten angemessen sind.
BGH, Urteil vom 21. November 2012 - XII ZR 150/10
Leitsätze zum Bedarf im Pflegeheim
a) Der Unterhaltsbedarf eines im Pflegeheim untergebrachten Elternteils richtet sich regelmäßig nach den notwendigen Heimkosten zuzüglich eines Barbetrags für die Bedürfnisse des täglichen Lebens. Ist der Elternteil im Alter sozialhilfebedürftig geworden, beschränkt sich sein angemessener Lebensbedarf in der Regel auf das Existenzminimum und damit verbunden auf eine - dem Unterhaltsberechtigten zumutbare - einfache und kostengünstige Heimunterbringung (im Anschluss an Senatsurteil vom 19. Februar 2003 - XII ZR 67/00 - FamRZ 2003, 860).
b) Dem Unterhaltspflichtigen obliegt es in der Regel, die Notwendigkeit der Heimkosten substantiiert zu bestreiten (im Anschluss an Senatsurteil BGHZ 152, 217 = FamRZ 2002, 1698). Kommt er dem nach, trifft die Beweislast den Unterhaltsberechtigten und im Fall des sozial-hilferechtlichen Anspruchsübergangs den Sozialhilfeträger (im Anschluss an Senatsurteil vom 27. November 2002 - XII ZR 295/00 - FamRZ 2003, 444).
c) Ausnahmsweise können auch höhere als die notwendigen Kosten als Unterhaltsbedarf geltend gemacht werden, wenn dem Elternteil die Wahl einer kostengünstigeren Heimunter-bringung im Einzelfall nicht zumutbar war. Zudem kann sich der Einwand des Unterhaltspflichtigen, es habe eine kostengünstigere Unterbringungsmöglichkeit bestanden, im Einzelfall als treuwidrig erweisen.
BGH, Beschluss vom 07.10.2015 - XII ZB 26/15
Darelegungs- und Beweislastverteilung für den Bedarf & Heimauswahl
Leitsätze:
a) Der Unterhaltsbedarf des Elternteils bestimmt sich grundsätzlich durch seine Unterbringung in einem Heim und deckt sich regelmäßig mit den dort anfallenden Kosten (im Anschluss an Senatsurteil vom 21. November 2012 XII ZR 150/10 FamRZ 2013, 203 Rn. 15 mwN).
b) Hat der sozialhilfebedürftige Unterhaltsberechtigte zu den Kriterien der Heimauswahl noch keinen Vortrag gehalten, genügt der Unterhaltspflichtige seiner Obliegenheit zum substantiierten Bestreiten dadurch, dass er konkrete, kostengünstigere Heime und die dafür anfallenden Kosten benennt (Fortführung von Senatsurteil vom 21. November 2012 - XII ZR 150/10 - FamRZ 2013, 203).
c) Grundsätzlich ist der sozialhilfebedürftige Unterhaltsberechtigte nicht darauf beschränkt, die Kosten der Heimunterbringung zum einzigen Auswahlkriterium zu erheben. Hat er die Wahl zwischen mehreren Heimen im unteren Preissegment, steht ihm insoweit ein Entscheidungsspielraum zu. Außerhalb dieses Preissegments hat der Unterhaltsberechtigte demgegenüber besondere Gründ
Anmerkung von Hans-Ulrich Graba, die Rechtsprechung des BGH zum Unterhaltsrecht im Jahr 2015, FF 2016, 141
BGH, Urteil vom 19. Februar 2003 - XII ZR 67/00
Zum Bedarf eines im eigenen Haushalt lebenden Elternteils
(Zitat) "Das Berufungsgericht ist rechtlich zutreffend davon ausgegangen, daß sich das Maß des einem Elternteil geschuldeten Unterhalts gemäß § 1610 Abs. 1 BGB nach dessen Lebensstellung bestimmt. Diese leitet sich - anders als bei volljährigen, noch in einer Berufsausbildung befindlichen Kindern - nicht von derjenigen des Unterhaltspflichtigen ab, sondern ist eigenständig und beurteilt sich in erster Linie nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des betreffenden Elternteils. Nachteilige Veränderungen der Einkommensverhältnisse, wie sie in der Regel etwa mit dem Eintritt in den Ruhestand verbunden sind, haben - eventuell nach einer Übergangszeit - deshalb auch eine Änderung der Lebensstellung zur Folge. Mit Rücksicht darauf können die Eltern von ihren Kindern dann keinen Unterhalt entsprechend ihrem früheren Lebensstandard beanspruchen. Als angemessener Unterhalt müssen aber auch bei bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen diejenigen Mittel angesehen werden, durch die das Existenzminimum der Eltern sichergestellt werden kann und die demgemäß als Untergrenze des Bedarfs zu bewerten sind (...). Insofern ist es auch nicht rechtsfehlerhaft, wenn zur Ermittlung des so bemessenen Bedarfs auf die in den Unterhaltstabellen enthaltenen, am sozialhilferechtlichen Existenzminimum ausgerichteten Eigenbedarfssätze eines unterhaltsberechtigten Ehegatten zurückgegriffen und derjenige Betrag als Bedarf angesetzt wird, der der jeweiligen Lebenssituation des unterhaltsberechtigten Elternteils entspricht. Hiervon ausgehend ist die Bedarfsberechnung des Berufungsgerichts insgesamt nicht zu beanstanden, insbesondere ist es zutreffend, daß die Kosten der Kranken- und Pflegeversicherung zusätzlich zu berücksichtigen sind (...). Unter Einschluß dieser Aufwendungen (für die Zeit ab Beendigung der Erwerbstätigkeit zum 1. April 1997) beläuft sich der für die Mutter des Beklagten anzusetzende Bedarf auf Beträge, die zwischen monatlich 1.300 DM und rund 1.780 DM liegen. Bedürftigkeitsmindernd hat das Berufungsgericht die Einkünfte der Mutter in Form von Altersruhegeld, Wohngeld und Arbeitseinkommen (bis einschließlich März 1997) berücksichtigt, letzteres nach Abzug einer Pauschale von 5 % zum Ausgleich berufsbedingter Aufwendungen."
21.3.3 SüdL: "Gegenüber Eltern beträgt er mindestens 1.800 €. Hierin sind Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 480 € enthalten. Zusätzlich bleibt die Hälfte des diesen Mindestbetrag übersteigenden, bereinigten Einkommens anrechnungsfrei, bei Vorteilen aus dem Zusammenleben in der Regel 45 % des diesen Mindestbetrag übersteigenden, bereinigten Einkommens.“
Der BGH akzeptiert sowohl den Selbstbehaltsatz als auch die Quote von etwa 50% des dem Unterhaltspflichtigen zu verbleibenden Einkommens in mittlerweile ständiger Rechtsprechung. Nachteil dieser Selbstbehaltsätze ist ihr Effekt der Nivellierung unterschiedlicher Verhältnisse. Im konkreten Einzelfall kann eine Korrektur angezeigt sein, weil der Selbstbehaltssatz zu niedrig oder zu hoch ist. So ist im Selbstbehaltssatz an Wohnkosten (Warmmiete) nur 480,00 € berücksichtigt. Tatsächlich sind die realen Wohnkosten maßgebend und führen zur Erhöhung des Selbstbehaltssatzes. Letztendlich ist immer die Suche nach dem -> "angemessenem Eigenbedarf/Selbstbehalt" im individuellen Einzelfall entscheidend. Dies kann zu -> Korrekturen der Selbstbehaltsätze führen.
Verheiratete Kinder, die Elternunterhalt bezahlen sollen haben einen anderen angemessenen Eigenbedarf (Selbstbehalt) als -> (Single-)Kinder. Hier gilt der sog. Familienselbstbehalt. Diese will berücksichtigen, inwieweit der Lebenspartner des unterhaltspflichtigen Kindes den Eigenbedarf abdeckt. Weiter wird berücksichtigt, dass das Kind in einer Bedarfsgemeinschaft lebt, die beim Elternunterhalt zu respektieren ist.
Der BGH hat eine Berechnungsmethode zum Familienselbstbehalt vorgegeben. Wer die Entscheidung als Laie liest, wird die Berechnung und die Gründe dafür wegen der komplizierten Ausdrucksweise des BGH nur schwer oder gar nicht verstehen.
Diese Entscheidung bietet in seinen Entscheidungsgründen ein gutes Beispiel für die Ermittlung des Familienselbstbehalts.
Zur Beweislast der fehlenden Leistungsfähigkeit.
Der BGH hat entschieden, dass -> Betreuungsunterhaltsleistungen nach § 1615l BGB bei der Bemessung der Leistungsfähigkeit nach § -> 1603 Abs.1 BGB zur Zahlung von Elternunterhalt zu berücksichtigen ist. Aus den Gründen: Zwar könne sich der (Eltern-)Unterhaltspflichtige, wenn er mit seiner Lebensgefährtin und dem gemeinsamen Kind in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft lebt und für den gemeinsamen Unterhalt aufkommt, nicht auf einen -> Familienselbstbehalt berufen. Eine eventuelle Unterhaltspflicht (-> Kindesunterhalt & -> Betreuungsunterhalt) ist allerdings als "-> sonstige Verpflichtung" i.S.v. § 1603 Abs.1 BGB vorrangig zu berücksichtigen.
Sachverhalt: Die Mutter der F lebt seit Anfang 2015 im Seniorenheim. Aufgrund der letzten Überprüfung wurde sie in Pflegestufe III eingestuft. Die monatlichen Kosten im Pflegeheim belaufen sich auf 3.500,-- €. Die Renteneinkünfte der Mutter einschließlich der Pfegeversicherungsleistungen betragen 2.000,-- € pro Monat. Über Vermögen verfügt die Mutter nicht. Für die Finanzierungslücke von 1.500,-- € kommt die Sozialhilfe auf. F erzielt ein durchschnittliche Netto-Einkommen von 900,- € bei Lohnsteuerklasse IV. Der Ehemann der F hat mit Steuerklasse IV ein Netto-Einkommen in Höhe von 3.000,- €. Der Einfachheit halber gehen wir davon aus, dass die Netto-Einkommen auch gleich das unterhaltsrelevante Einkommen darstellen.
Frage: in welcher Höhe können die Sozialbehörden von der Tochter F einen monatlichen Beitrag zur Zahlung der Seniorenheimkosten für die Mutter M fordern?
Berechnungsschritte zum Familienselbstbehalt:
1. Schritt:
Ermittlung des unterhaltsrelevanten Gesamteinkommens der Familie pro Monat: Hier: 900,-- € und 3.000,- € ergibt 3.900,- €
2. Schritt:
SüdL Ziff. 22.3 zum Selbstbehalt verheirateter Kinder:
"Ist bei Unterhaltsansprüchen der Eltern, Großeltern und Enkel der Unterhaltspflichtige verheiratet, werden für den mit ihm zusammenlebenden Ehegatten mindestens 1.440 € angesetzt. Darin sind Kosten für Unterkunft und Heizung von 380 € enthalten. Im Familienbedarf von 3.240 € (1.800 € + 1.440 €) sind Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 860 € (480 + 380 €) enthalten."
3. Schritt:
Familien-Gesamteinkommen abzgl. Mindest-Familienselbstbehalt = vorläufig einzusetzendes Familien-Einkommen: Hier: 3.900,- € abzgl. 3.240,- € = 660,- €
4. Schritt:
Ermittlung des weiteren geschonten Gesamt-Familieneinkommen
a) Abzug der Haushaltsersparnis in Höhe der Pauschale von 10% vom vorläufig einzusetzenden Gesamt-Familieneinkommen: Hier: 10 % von 660,-€ = 66,- €
b) Abzug der Haushaltsersparnis vom vorläufig einzusetzenden Gesamt-Familieneinkommen: Hier: 660,- € abzgl. 66,- € = 594,- €
c) Die Hälfte des um die Haushaltsersparnis gekürzten vorläufigen Gesamt-Familieneinkommens ist das weitere Schon-Familieneinkommen:
Hier: 594,- € x ½ = 297,- €
5. Schritt:
das gesamte Schon-Familieneinkommen ist die Summe aus Schritt 2. und 4:
Hier: 3.240,- € zzgl. 297,- € = 3.537,- €
6. Schritt:
Ermittlung des Anteils der F am gesamten Schon-Familieneinkommen:
Anteil der F am Familieneinkommen = 900,- € von 3.900,- € = ca. 23 %. In Höhe von 23 % vom gesamten Schonvermögen der Familie ergibt sich der individuelle Selbstbehalt der F beim Unterhalt für M. Hier: 23 % von 3.537,- € = 813,51 €.
Da F ein Einkommen von 900,- € hat, sind 86,49 € (= 900,- € abzgl. 813,51 €) im Monat an die Sozialbehörden für die Heimunterbringung der Mutter zu bezahlen.
Entscheidend ist, mit welchen Zahlen Sie einen Unterhaltsrechner füttern. Einzugeben ist in der Regel das -> unterhaltsrelevante Einkommen. Dieses ist nicht mit dem steuerrelevanten Einkommen identisch.
WOHNVORTEIL
Was Sie über den Wohnvorteil wissen sollten, finden Sie -> HIER.... Eine weitere Besonderheit beim Elternunterhalt ist die Bestimmung des -> Wohnvorteils
BGH, Urteil vom 19.03.2003 - XII ZR 123/00
Im Jahr 2003 erklärte der BGH noch, dass der Wohnwert nicht mit dem objektiven Mietwert des Eigenheims in Ansatz zu bringen ist, sondern vielmehr mit dem sog. angemessenen Wohnwert. (Zitat) "bei der Inanspruchnahme auf Zahlung von Elternunterhalt sei der Wert des mietfreien Wohnens nicht nach der bei einer Fremdvermietung erzielbaren objektiven Marktmiete, sondern auf der Grundlage der ersparten Mietaufwendungen zu bestimmen, als rechtlich zutreffend (ebenso OLG Oldenburg FamRZ 2000 1174, 1175; Heiß/Born/Hußmann Unterhaltsrecht 13. Kap. Rdn. 52; Kalthoener/Büttner/Niepmann Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 8. Aufl. Rdn. 781 a, Reinecke ZAP Fach 11 S. 638; vgl. auch Duderstadt Erwachsenenunterhalt 3. Aufl. S. 4). Dabei obliegt es dem Tatrichter, diesen angemessenen Wohnwert an den jeweiligen Lebens- und Einkommensverhältnissen des Unterhaltspflichtigen auszurichten."
Diese Rechtsprechung hat sich mittlerweile geändert:
Leitsätze:
a) Die Leistungsfähigkeit zur Zahlung von Elternunterhalt ist auch dann auf der Grundlage eines individuellen Familienbedarfs zu ermitteln, wenn der Unterhaltspflichtige über geringere Einkünfte als sein Ehegatte verfügt (im Anschluss an Senatsurteil BGHZ 186, 350 = FamRZ 2010, 1535).
b) Der Wohnvorteil eines Unterhaltspflichtigen ist auch bei der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt -> dem Einkommen hinzuzurechnen und nicht lediglich im Rahmen der -> vom Selbstbehalt umfassten Wohnkosten zu berücksichtigen.
Eine nachdrückliche und dabei herabwürdigende Kontaktverweigerung bzw. eine massive Kränkung kann die Unterhaltspflicht des Kindes entfallen lassen. Ausdrücklich wird darauf hingewiesen, dass dem OLG Oldenburg ein krasser Fall des Kontaktabbruchs des Vaters zum Kind zu Grunde lag. Selbst bei der Beerdigung des Großvaters wurde zwischen Vater und Sohn kein Wort gewechselt. In seinem Testament bestimmte der Vater, der Sohn solle nur den "strengsten Pfllichtteil" erhalten.
Allein der Kontaktabbruch des unterhaltsbedürftigen Elternteilszum unterhaltspflichtigen Kind führt nicht zur Verwirkung nach § 1611 Abs.1 BGB. Zur Pressemitteilung des BGH -> HIER... Ein Vater hatte 40 Jahre lang den Kontakt zu seinem volljährigen Sohn abgelehnt, ihn auf verletzende Weise missachtet und enterbt. Dennoch sah der BGH eine Verpflichtung des Sohnes zur Zahlung von Elternunterhalt als gegeben. Eine Verwirkung greife nach § 1611 Abs.1 BGB eben erst dann, wenn eine "grobe Verfehlung" der Eltern gegenüber ihrem Kind festzustellen ist. Hier meinte der BGH, dass Enterbung und Kontaktabbruch nur eine Verfehlung, aber keine "grobe Verfehlung" sei. Es müssten erst weitere Umstände hinzutreten, die dann zur schweren Verfehlung führen. Zugute hielten sie dem "verfehlenden" Vater, er sei schließlich bis zum 18. Lebensjahr seines Sohnes seinen Vaterpflichten (inklusive der Unterhaltspflichten) nachgekommen. So habe der Vater gerade in der Kindheitsphase seines Sohnes, in der regelmäßig eine besonders intensive elterliche Fürsorge erforderlich ist, seinen Vaterpflichten genügt. Wie nun der BGH entscheiden würde, wenn Kinder seit Ihrer Geburt keinen Kontakt zum Elternteil hatten, für die Sie nun über den Sozialträger Elternunterhalt bezahlen sollen, bleibt – nach wie vor - offen.
Hierher gehören auch die Fälle der -> Verwirkung, wenn der Sozialleistungsträger den nach § 94 SGB XII übergegangenen Anspruch nicht zeitnah durchsetzt. Macht der Sozialhilfeträger nach der Rechtswahrungsanzeige (§ -> 94 Abs.4 SGB XII) längere Zeit von seinem Recht auf Regress nicht Gebrauch, obwohl er hierzu in der Lage gewesen wäre und der Unterhaltsverpflichtete darauf vertrauen konnte, dass der Sozialhilfeträger auch in Zukunft nicht von seinem Anspruch auf Erstattung der geleisteten Sozialhilfe Gebrauch macht (i.d.R. 1 Jahr ab Rechtswahrungsanzeige), kommt Verwirkung in Betracht. Hat der Sozialhilfeträger die ursprünglich erhobene Unterhaltsforderung mehrfach ermäßigt, kann teilweise Verwirkung für die Vergangenheit angenommen werden (OLG Celle, FamRZ 2009, 1076).
Hier finden Sie Urteile zum Elternunterhalt, die in den letzen fünf Jahren ergangen sind.