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OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.06.2016 - II-1 UF 12/16
Kein schematisches Fortschreiben der Düsseldorfer Tabelle - Darlegung konkreter Bedarfspositionen
(Zitat) " ... Der Unterhaltsberechtigte, der einen den Höchstbedarf gemäß Düsseldorfer Tabelle übersteigenden Bedarf geltend macht, muss besondere oder besonders kostenintensive Bedürfnisse und die zu ihrer Deckung notwendigen Mittel darlegen. Übertriebene Anforderungen an seine > Darlegungslast dürfen nicht gestellt werden, um zu verhindern, dass der Kindesunterhalt auch bei einem das Höchsteinkommen nach Düsseldorfer Tabelle übersteigenden Elterneinkommen faktisch auf den Tabellenhöchstbedarf beschränkt wird. Es ist danach zu differenzieren, welche Bedürfnisse des Kindes auf der Grundlage einer Lebensführung, die der besonders günstigen wirtschaftlichen Situation seiner Eltern entspricht, zu befriedigen sind und welche Wünsche des Kindes als bloße Teilhabe am Luxus nicht erfüllt werden müssen (vgl. BGH, FamRZ 2000, 358 f., juris Rn. 30)."
Anmerkung: Übersteigt das > unterhaltsrelevante Einkommen der barunterhaltspflichtigen Eltern oder des barunterhaltspflichtigen Elternteils den Höchstbetrag der 10. Einkommensgruppe der > Düsseldorfer Tabelle (DT 2021 = 5.501,00 €), musste bisher der Unterhaltsbedarf des Kindes nach den Umständen des Einzelfalls konkret ermittelt werden (= konkrete Bedarfsermittlungsmethode). Wie mit konkreter Bedarfsermittlung ein Kindesunterhalt jenseits der Tabellenwerte der DT zu erreichen ist, erfahren Sie
> hier
Bis zur Entscheidung des BGH im September 2020 war es rechtlich nicht anerkannt, die Düsseldorfer Tabelle um weitere Einkommensgruppen (11./ 12./ 13. Einkommensgruppe usw.) einfach fiktiv fortzuschreiben, um damit zu fiktiven Tabellenbeträgen zum Unterhaltsbedarf des Kindes zu gelangen. Das hat sich nun geändert:
BGH, Beschluss vom 16.09.2020 - XII ZB 499/19
Zur Zulässigkeit des Fortschreibens der Düsseldorfer Tabelle
(Zitat, Rn 15 ff) "Zur Bemessung des angemessenen Unterhalts im Sinne von § 1610 BGB wird nach einhelliger Praxis der Familiengerichte die > Düsseldorfer Tabelle verwendet. Diese dient als Richtlinie, um ausgerichtet an den wirtschaftlichen Verhältnissen der Eltern und dem Alter des Kindes eine gleichmäßige Behandlung gleicher Lebenssachverhalte zu ermöglichen, und ist vom Senat in ständiger Rechtsprechung gebilligt worden (Senatsurteil vom 13. Oktober 1999 - XII ZR 16/98 - FamRZ 2000, 358 mwN; vgl. Wendl/Dose/Klinkhammer Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 10. Aufl. § 2 Rn. 315 ff.). [...] Eine über die höchste Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle hinausgehende Fortschreibung der Tabellenwerte hat der Senat in seiner bishe-rigen Rechtsprechung nicht für sachgerecht gehalten und bei hohen Einkommen stattdessen grundsätzlich eine konkrete Bedarfsermittlung verlangt (Senatsurteile vom 13. Oktober 1999 - XII ZR 16/98 - FamRZ 2000, 358, 359 und vom 11. April 2001 - XII ZR 152/99 - FamRZ 2001, 1603, 1604; vgl. auch OLG Düsseldorf FamRZ 2017, 113). Der Senat hat zur Begründung auf die Gefahr einer Zweckentfremdung des ausschließlich zur Bedarfsdeckung des Kindes bestimmten Unterhalts durch den betreuenden Elternteil verwiesen. Die Notwendigkeit einer konkreten Bedarfsermittlung erkläre sich auch aus der Schwierigkeit, bei erheblich über dem Durchschnitt liegenden Lebensverhältnissen der Eltern einen diesen Verhältnissen angemessenen Lebenszuschnitt der Kinder zu ermitteln und - als Richtsatz - pauschalierend zu verallgemeinern. Die durch die Düsseldorfer Tabelle gesetzte Grenze möglicher Verallgemeinerung erscheine sachgerecht und erlaube eine schematische Fortschreibung der als Erfahrungswerte verstandenen Richtsätze im Einzelfall nicht (Senatsurteil vom 13. Oktober 1999 - XII ZR 16/98 - FamRZ 2000, 358, 359). Daran hält der Senat nicht mehr uneingeschränkt fest. In seiner neueren Rechtsprechung zum > Ehegattenunterhalt hat der Senat auch für ein über den höchsten Tabellenbetrag der Düsseldorfer Tabelle hinausgehendes Familieneinkommen eine Ermittlung des Unterhaltsbedarfs nach der ebenfalls schematischen Quotenmethode ohne konkrete Bedarfsermittlung zugelassen (Senatsbeschlüsse BGHZ 217, 24 = FamRZ 2018, 260 Rn. 16 ff. und BGHZ 223, 203 = FamRZ 2020, 21 Rn. 26 ff.). Da Kinder grundsätzlich am Lebensstandard der Eltern teilnehmen, soweit sie ihre Lebensstellung von diesen ableiten, muss Ähnliches auch für den Kindesunterhalt gelten. Der Senat hat dementsprechend schon in seiner bisherigen Rechtsprechung klargestellt, dass auch bei höherem Elterneinkommen sichergestellt bleiben muss, dass Kinder in einer ihrem Alter entsprechenden Weise an einer Lebensführung teilhaben, die der besonders günstigen wirtschaftlichen Situation ihrer Eltern entspricht, und der Kindesunterhalt auch bei einem den höchsten Einkommensbetrag übersteigenden Elterneinkommen im Hinblick auf die Darlegungs- und Beweislast des Unterhaltsberechtigten für seinen Unterhaltsbedarf nicht faktisch auf den für die höchste Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle geltenden Richtsatz festgeschrieben werden darf (Senatsurteil vom 13. Oktober 1999 - XII ZR 16/98 - FamRZ 2000, 358, 359; vgl. Staudinger/Klinkhammer BGB [2018] § 1610 Rn. 253). Das in diesem Zusammenhang angeführte Argument, dass die Kinder sich vielfach im Zusammenleben an die besonders günstige wirtschaftliche Situation gewöhnt haben und diese ihnen auch nach der Trennung erhalten bleiben solle, bedeutet nicht, dass die > abgeleitete Lebensstellung der Kinder davon abhängt, dass sie an den günstigen Verhältnissen in der Vergangenheit tatsächlich teilgenommen haben. Denn das Kind leitet seinen Bedarf von den Eltern auch dann ab, wenn es mit diesen nicht zusammengelebt hat, eine vorausgegangene Gewöhnung des Kindes an den Lebensstandard ist also nicht erforderlich (vgl. Wendl/Dose/Klinkhammer Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 10. Aufl. § 2 Rn. 341 mwN). Dementsprechend ist ein Kind etwa nicht gehindert, nach Trennung der Eltern einen altersbedingt erhöhten Bedarf oder mit zunehmendem Alter erstmals entstandene Bedarfspositionen geltend zu machen. Ebenso nimmt das Kind - anders als nach dem Stichtag für den Ehegattenunterhalt der geschiedene Ehegatte (vgl. Senatsurteil BGHZ 192, 45 = FamRZ 2012, 281 Rn. 17 ff.) - an einem späteren Karrieresprung des Unterhaltspflichtigen teil und profitiert vom > Splittingvorteil aus einer von diesem geschlossenen neuen Ehe (Senatsurteil BGHZ 178, 79 = FamRZ 2008, 2189 Rn. 14 ff. und Senatsbeschluss vom 10. Juli 2013 - XII ZB 298/12 - FamRZ 2013, 1563 Rn. 15 mwN). Dass das Kind am durch das Einkommen des barunterhaltspflichtigen Elternteils geprägten Lebensstandard nicht tatsächlich teilgenommen haben muss, wird schließlich dadurch verdeutlicht, dass gegebenenfalls auch ein dem unterhaltspflichtigen Elternteil wegen Verletzung der Erwerbsobliegenheit zuzurechnendes > fiktives Einkommen bedarfsbestimmend zu berücksichtigen ist (Senatsbeschluss BGHZ 213, 254 = FamRZ 2017, 437 Rn. 27 mwN). Allerdings ist insbesondere beim Unterhalt minderjähriger Kinder zu beachten, dass dieser keine bloße Teilhabe am Luxus der Eltern beinhaltet und naturgemäß erst recht nicht zur Vermögensbildung des unterhaltsberechtigten Kindes dient. Schließlich ist das Maß des den Kindern zu gewährenden Unterhalts auch maßgeblich durch das „Kindsein“ geprägt (Senatsurteil vom 23. Feb-ruar 1983 - IVb ZR 362/81 - FamRZ 1983, 473, 474), berechtigt also insbesondere nicht zu einer gleichen Teilhabe am Elterneinkommen. Diese mit dem Kindesunterhalt verbundenen Grenzen werden indessen durch eine an der neueren Rechtsprechung des Senats zum Ehegattenunterhalt ausgerichtete Fortschreibung der Düsseldorfer Tabelle noch nicht berührt. Im Vergleich zum Ehegattenunterhalt beinhalten die in der Düsseldorfer Tabelle enthaltenen Steigerungssätze schon keine quotenmäßige (lineare) Beteiligung am Einkommen des Unterhaltspflichtigen. Vielmehr sind die Unterhaltssteigerungen jeweils am Mindestunterhalt orientiert und führen im Zusammenhang mit der Bemessung der Einkommensgruppen dazu, dass die Beteiligungsquote am Elterneinkommen (degressiv) stetig abnimmt. Eine dieses beibehaltende (und gegebenenfalls mit größer dimensionierten Einkommensgruppen versehene) Fortschreibung würde dementsprechend nur zu moderaten einkommensabhängigen Steigerungen des Kindesunterhalts führen. Daneben bleibt dem unterhaltsberechtigten Kind die konkrete Darlegung eines höheren Bedarfs unbenommen. Was schließlich die Gefahr einer zweckentfremdeten Verwendung des Kindesunterhalts durch den betreuenden Elternteil anbelangt, kann diese bei nochmaliger Überprüfung keinen Grund für eine enger bemessene Unterhaltsfestsetzung darstellen. Denn eine solche Gefahr besteht vielmehr allgemein auch bei Festsetzung des Unterhalts im Rahmen der bestehenden Düsseldorfer Tabelle und wird bereits durch eine realistische Unterhaltsbemessung begrenzt. Zudem ist der betreuende Elternteil dem Kind rechenschaftspflichtig und müsste bei Zweckentfremdung nicht zuletzt mit sorgerechtlichen Konsequenzen rechnen. Neben die Tabellenbeträge, die den Regelbedarf abdecken, kann nach der Rechtsprechung des Senats ein > Mehrbedarf für solche Bedarfspositionen treten, welche ihrer Art nach nicht in den Tabellenbedarf und mithin auch nicht in die Steigerungsbeträge einkalkuliert sind (vgl. Senatsurteil vom 26. November 2008 - XII ZR 65/07 - FamRZ 2009, 962 Rn. 25 - > Kindergartenkosten; Senatsbeschluss BGHZ 213, 254 = FamRZ 2017, 437 Rn. 37 - Hortkosten). An diesem hat sich der betreuende Elternteil grundsätzlich zu beteiligen, weil insoweit eine Befreiung vom Barunterhalt nach § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB nicht eingreift. Davon abzugrenzen ist ein erhöhter Bedarf für solche Positionen, die ihrer Art nach bereits in der Struktur der Düsseldorfer Tabelle enthalten sind, wie etwa ein erhöhter Wohnbedarf. Dieser ist kein Mehrbedarf im eigentlichen Sinne, sondern stellt einen erhöhten Regelbedarf dar (vgl. Koch/Schürmann Handbuch Unterhaltsrecht 13. Aufl. § 4 Rn. 54), der folglich - jedenfalls grundsätzlich - allein vom barunterhaltspflichtigen Elternteil zu tragen ist (§ 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB)."
Anmerkung: Ab einem Einkommen von 5.501 EUR sind in der > Düsseldorfer Tabelle keine Bedarfssätze mehr ausgewiesen. Es wird auf eine Bemessung „nach den Umständen des Falles“, also eine konkrete Bedarfsermittlung, hingewiesen. Der XII. Zivilsenat des BGH kündigt diesen Grundsatz auf und hält stattdessen auch (alternativ) eine begrenzte Fortschreibung der in der Düsseldorfer Tabelle enthaltenen Bedarfsbeträge bis zur Höhe des Doppelten des höchsten darin ausgewiesenen Einkommensbetrags (11.000 € in 2021) für möglich.
Bisher wurde davon ausgegangen, dass der Unterhaltsbedarf des Kindes mit dem Tabellenbedarf der höchsten Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle abgedeckt ist. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung wird darauf hingewiesen, dass die Unterhaltsgewährung für Kinder (lediglich) die Befriedigung ihres – ggfs. auch gehobenen – Lebensbedarfs bedeutet, aber nicht Teilhabe am Luxus und dass auch ein in besten Verhältnissen lebender Unterhaltspflichtiger nicht das schuldet, was das Kind wünscht, sondern was es braucht (vgl. BGH FamRZ 1983, 473 = NJW 1983, 1429). Der Grundbedarf eines Kindes u. a. für Nahrung, Kleidung, Wohnbedarf, Schulbedarf etc. ist regelmäßig bereits durch die Ansätze der Düsseldorfer Tabelle abgedeckt (vgl. KG NZFam 2019, 718 (724), sowie Klinkhammer in Wendl/Dose UnterhaltsR § 2 Rn. 342). Auch soll der Kindesunterhalt (geltend gemacht wurden 2.041 €) nicht dazu dienen, die wirtschaftliche Situation des betreuenden Elternteils zu verbessern (OLG Hamm FamRZ 2010, 2080 = BeckRS 2011, 234). Mit der Rechtsprechung des BGH im Jahr 2020 zur > möglichen Fortschreibung der Werte der Düsseldorfer Tabelle bei einem Elterneinkommen über 5.500 € stellt sich die Frage neu, wo den nun die Teilhabe des Kindes am Luxus der Eltern anfängt und damit eine Bedarfsgrenze gezogen wird. 3. Der konkrete Bedarf ist nicht mit Luxusaufwendungen zu begründen: z.B. bei Smartphones handelt es sich eindeutig um Luxusaufwendungen, die im Rahmen des Unterhalts für minderjährige Kinder nicht geschuldet sind. Auch in besten Verhältnissen lebende Eltern schulden dem Kind nicht, was es wünscht, sondern was es nach seinem Lebensstandard braucht. Die Unterhaltsbemessung darf weder einem gedeihlichen Eltern-Kind-Verhältnis entgegenwirken noch dazu führen, die Lebensstellung des betreuenden Elternteils anzuheben. Es ist danach zu differenzieren, welche Bedürfnisse des Kindes auf der Grundlage einer Lebensführung, die der besonders günstigen wirtschaftlichen Situation seiner Eltern entspricht, zu befriedigen sind und welche Wünsche des Kindes als bloße Teilhabe am Luxus nicht erfüllt werden müssen (vgl. BGH, FamRZ 2000, 358 f., juris Rn. 30; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.06.2016 - II-1 UF 12/16).
Alter des Kindes Einkommen | 0 – 5 | 6 – 11 | 12 – 17 | ab 18 | % |
11. 5.501 - 6.050 | 661 | 758 | 888 | 948 | 168 |
12. 6.051 - 6.600 | 692 | 794 | 930 | 993 | 176 |
13. 6.601 - 7.100 | 724 | 830 | 972 | 1.038 | 184 |
14. 7.101 - 7.700 | 755 | 866 | 1.014 | 1.083 | 192 |
15. 7.701 - 8.200 | 786 | 902 | 1.056 | 1.128 | 200 |
16. 8.201 - 8.800 | 818 | 939 | 1.099 | 1.174 | 208 |
17. 8.801 - 9.300 | 849 | 975 | 1.141 | 1.219 | 216 |
18. 9.301 - 9.900 | 881 | 1.011 | 1.183 | 1.264 | 224 |
19. 9.901 - 10.400 | 912 | 1.047 | 1.225 | 1.309 | 232 |
20. 10.401 – 11.000 | 944 | 1.083 | 1.268 | 1.354 | 240 |
(hier mit Düsseldorfer Tabelle 2012 als Grundlage)
Bedarfspositionen zum Regelbedarf nach Maßgabe der Abteilungen des § 6 RBEG | Mindest-unterhalt
| Regel- bedarf | |
Nahrungsmittel, Getränke | 107,38 € (29,5 %) | 218,24 € (32%) |
|
Bekleidung und Schuhe | 36,40 € (10 %) | 75,02 € (11 %) |
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Wohnen, Energie und Wohnungsinstandhaltung (ohne Kaltmiete und Heizung) | 12,38 € (3,4 %) | 20,46 € (3 %) |
|
Innenausstattung, Haushaltsgeräte und -gegenstände | 13,10 € (3,6 %) | 27,28 (4 %) |
|
Gesundheitspflege | 5,46 € (1,5 %) | 13,64 € (2 %) |
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Verkehr | 15,65 € (4,3 %) | 34,10 € (5 %) |
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Nachrichtenübermittlung | 17,11 € (4,7 %) | 34,10 € (5 %) |
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Freizeit, Unterhaltung, Kultur | 45,86 € (12,6 %) | 95,48 (14 %) |
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Bildung | 1,46 € (0,4 %) | 3,41 € (0,5 %) |
|
Beherbergungs- und Gaststättendienstleistungen | 4,37 € (1,2 %) | 6,82 € (1 %) |
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Andere Waren und Dienstleistungen | 8,00 € (2,2 %) | 17,00 € (2,5 %) |
|
Unterkunft und Heizkosten | 97,00 € (26,6 %) | 136,40 € (20 %) |
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Gesamt Mindestunterhalt ( = doppelter Freibetrag ( 4.368 €) nach § 32 Abs.6 S.1 EStG X 1/12] | 364,00 € |
| |
(= höchster Tabellenbedarf nach 10. Einkommensgruppe und 3. Altersstufe | 682,00 € |
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OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.06.2016 - 1 UF 12/16
Zur Darlegungslast der konkreten Bedarfspositionen
(Zitat) " ... In der Regel ist der Unterhalt auch bei Einkünften deutlich über dem Bereich der Düsseldorfer Tabelle nur maßvoll anzuheben (vgl. Wendl/Dose/Klinkhammer, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 9. Auflage, § 2 Rn. 341). Denn die Lebensstellung der Kinder wird in erster Linie durch ihr Kindsein geprägt. (...) Ein erhöhter Bedarf des Kindes kann sich insbesondere aus besonderen Betätigungen wie Teilnahme an Musikunterricht oder Reiten ergeben (vgl. OLG Hamm, FamRZ 2010, 2080 f., juris Rn. 30 ff.). Soweit keine besonderen Bedarfspositionen dargelegt werden, ist davon auszugehen, dass die Bedürfnisse des Kindes angemessen vom Höchstbedarf gemäß Düsseldorfer Tabelle abgedeckt werden. ... "
Anmerkung zur Entscheidung: Regina Bömelburg, in: -> FF 2018, 124
Das OLG Düsseldorf hatte in dem zu Grunde liegenden Sachverhalt (Netto-Einkommen des barunterhaltspflilchtigen Vaters = 7.877,- €) diverse konkret dargelegte Bedarfspostionen erkannt, die eine Erhöhung des Elementar-Höchsbedarfs um ca. 347 € p.m. gerechtfertigt haben: (Zitat) Zusammenfassend führt dies für jedes der beiden Kinder zu folgendem Elementarbedarf und – unter Anrechnung des hälftigen Kindergeldes – zu folgendem Anspruch auf Elementar-Kindesunterhalt:
5/2014 – 7/2015 | 8-12 2015 | ab 1/2016 | |
Grundbedarf (Höchstbedarf nach DT) | 583 € | 602 € | 615 € |
besonderer zusätzlicher Bedarf: | |||
Wohnbedarf einschl. Wohnnebenkosten | 187 € | 183 € | 180 € |
Freizeitaktivitäten (insbes. Sport) | 50 € | 50 € | 50 € |
Bildung | 30 € | 30 € | 30 € |
Urlaube | 50 € | 50 € | 50 € |
Bekleidung | 30 € | 30 € | 30 € |
Nahrungsmittel | 0 € | 0 € | 0 € |
Waren und Dienstleistungen | 0 € | 0 € | 0 € |
= insgesamt | 930 € | 945 € | 955 € |
abzüglich ½ Kindergeld | 92 € | 92 € | 95 € |
= | 838 € | 853 € | 860 € |
OLG Brandenburg, Beschluss vom 24.11.2011 - 9 UF 70/11
Darlegung und Beweis des konkreten Bedarfs beim Kindesunterhalt
(Zitat) "Gemäß § 1610 BGB bestimmt sich das Maß des zu gewährenden Unterhalts allerdings nach der Lebensstellung des Bedürftigen. Die Lebensstellung minderjähriger Kinder richtet sich - angesichts der wirtschaftlichen Unselbständigkeit derselben - nach der Lebensstellung ihrer Eltern. Für den Unterhalt von Kindern getrennt lebender oder geschiedener Eltern sind die Einkommensverhältnisse des barunterhaltspflichtigen Elternteils maßgebend. Bei der Bemessung des in diesem Sinne angemessenen Unterhalts entspricht es einer höchstrichterlich gebilligten Praxis, sich an Tabellensätzen zu orientieren, weil diese Richtsätze als Erfahrungswerte verstanden werden können, die den Lebensbedarf des Kindes - ausgerichtet an den wirtschaftlichen Verhältnissen der Eltern und dem Alter des Kindes - auf der Grundlage durchschnittlicher Lebenshaltungskosten typisieren, um so eine möglichst gleichmäßige Behandlung vergleichbarer Lebenssachverhalte zu erreichen. Die in den Tabellen ausgewiesenen Einkommensgruppen sind allerdings nach oben begrenzt. Die vormals umstrittene Frage, wie in Fällen, in denen das maßgebende Elterneinkommen diesen Höchstsatz übersteigt, der Unterhaltsbedarf des Kindes zu ermitteln ist, hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 13. Oktober 1999 (Az. XII ZR 16/98 - abgedruckt u.a. in FamRZ 2000, 358 - zitiert nach juris, dort Rdnr. 28 ff) dahin beantwortet, dass jenseits der Pauschalisierungsgrenze der Tabellenwerke eine Fortschreibung der als Erfahrungswerte verstandenen Richtsätze im Einzelfall nicht sachgerecht erscheine. Vielmehr bleibt es danach dabei, dass bei derart guten wirtschaftlichen Verhältnissen des Unterhaltspflichtigen der Unterhaltsberechtigte seinen Bedarf darlegen und beweisen muss, wobei allerdings die Anforderungen insoweit nicht überspannt werden dürfen. Insbesondere kann dem Unterhaltsberechtigten nicht angesonnen werden - so der BGH weiter -, seine gesamten - auch elementaren - Aufwendungen in allen Einzelheiten spezifiziert darzulegen. Er wird sich vielmehr regelmäßig darauf beschränken dürfen, besondere oder besonders kostenintensive Bedürfnisse zu belegen und darzutun, welche Mittel zu deren Deckung notwendig sind. Das Gericht, das einen derartig erhöhten Bedarf zu beurteilen hat, ist nicht gehindert, den zur Deckung erforderlichen Betrag unter Heranziehung des Mehrbetrages zu berechnen, der sich aus der Gegenüberstellung solcher besonderer Bedürfnisse mit bereits von den Richtsätzen/Tabellenwerten erfassten Grundbedürfnissen ergibt und den geschuldeten Unterhalt unter Zuhilfenahme allgemeinen Erfahrungswissens nach Maßgabe des § 287 ZPO zu bestimmen. An dieser Rechtsprechung hat der BGH mit weiterem Urteil vom 11. April 2001 (Az. XII ZR 152/99 - abgedruckt u.a. in FamRZ 2001, 1603 - zitiert nach juris) ausdrücklich festgehalten. Auch bei höherem Elterneinkommen müsse sichergestellt bleiben, dass Kinder in einer ihrem Lebensalter entsprechenden Weise an einer Lebensführung teilhaben, die der besonders günstigen wirtschaftlichen Situation ihrer Eltern Rechnung trägt. Welche Bedürfnisse des Unterhaltsberechtigten auf dieser Grundlage zu befriedigen sind und welche Wünsche demgegenüber als bloße Teilhabe am Luxus nicht erfüllt werden müssen, kann nicht allgemein gesagt, sondern nur unter Würdigung der besonderen Verhältnisse des Betroffenen - namentlich auch einer Gewöhnung des Unterhaltsberechtigten an einen von seinen Eltern während des Zusammenlebens gepflegten aufwändigen Lebensstil - festgestellt werden. Diese Gesamtumstände und Bedürfnisse müssen nach Maßgabe der vorstehend angeführten Grundsätze vom Unterhaltsberechtigten näher dargelegt werden."
- TABELLE: Bedarfspositionen zum Mehrbedarf
Kostenbetrag/Monat | Beleg –Nr. | |
Auslandsaufenthalt zu Ausbildungszwecken (OLG Schleswig NJW 2006, 1601) |
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Studiengebühren (SüdL Nr. 13.1.2) |
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Unterhalt für ein Pferd (OLG Karlsruhe FamRZ 2005, 233) |
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Unterricht- & Nachhilfekosten (OLG Düsseldorf FamRZ 2006, 223) |
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Behinderungsbedingter Heimaufenthalt (OLG Hamm FamRZ 1996, 1218) |
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Kindergarten ohne Anteil der Verpflegungskosten (BGH NJW 2009, 962) |
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Hortkosten, wenn dafür Interessen des Kindes im Vordergrund stehen. Andernfalls sind es berufsbedingte Aufwendungen erwerbstätiger Eltern |
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Tagesmutter, Au-pairs (-> zu behandeln wie Hortkosten) |
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Klassenfahrten (BGH NJW 2006, 1509) |
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Kommunion/Konfirmation/Jugendweihe (BGH NJW 2006, 1509; |
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Krankheitskosten, die von der gesetzlichen KV nicht gedeckt werden |
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Psychotherapeutische Behandlung (OLG Düsseldorf FamRZ 2001, 444) |
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Privatschule und Internat (OLG Karlsruhe OLG Report 1998, 350) |
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Sonstiges |
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Sonderbedarfspositionen sind solche Aufwendungen für das Kind, die plötzlich und unerwartet auftreten. Welche Positionen hierzu zählen können, zeigt folgende Tabelle:
- TABELLE: Bedarfspositionen zum Sonderbedarf
Bedarfspositionen zum Sonderbedarf | Kostenbetrag/Monat (Jahresbetrag x 1/12) | Beleg –Nr. |
Verfahrenskostenvorschuss (BGH NJW-RR 2004, 1662) |
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Kieferorthopädische Behandlung (OLG Celle FamRZ 2008, 1884) |
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Säuglingsausstattung (OLG Koblenz NJW-RR 2009, 1305) |
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Sonstiges |
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