Verfahrenswege - Wege zur Auskunft und Unterhalt

Das Wichtigste in Kürze

  1. Oftmals weigern sich die Parteien ihre wirtschaftlichen Verhältnisse vollständig aufzudecken, um entweder einen möglichst geringen Unterhalt zu bezahlen oder einen möglich hohen Unterhalt zu erreichen. Selektive (unvollständige) Auskünfte zum Einkommen und Vermögen und unübersichtliche Auskunftsergänzungen kommen häufig vor.
  2. Der Anspruch auf ordnungsgemäße Auskunft nach § 1615 BGB kann mit einem effizienten Auskunftsverlangen vorbereitetet und gerichtlich durchgesetzt werden (isoliertes Auskunftsverfahren). Aus unserer langjährigen Praxiserfahrung haben wir Formulare entwickelt, damit Sie eine genaue und vollständige Auskunft zu erhalten.
  3. Unproduktive Verfahrensführung, insbesondere bei Streit um die Auskunft zum Unternehmer-Einkommen, sind leider keine Seltenheit. Es empfiehlt sich im Vorfeld eines Rechtsstreits die geeignete Verfahrensstrategie zu wählen. Ein isoliertes Auskunftsverfahren, Stufenverfahren oder ein Unterhaltsverfahren direkt mit Leistungsantrag stehen zur Wahl. Jedes dieser Verfahren hat seine Eigenheiten und muss je nach den Umständen abgewogen werden.
  4. Wir beraten Sie, welche Strategie für Ihren individuellen Fall am besten geeignet ist!  Kontaktieren Sie uns, wir helfen Ihnen gerne weiter.

  • Rechtlicher Leitfaden
    zum Stufenantragsverfahren

    Bei einem mit einem Stufenantrag eingeleiteten Unterhaltsverfahren wird jede Stufe und Stufe für Stufe durch Teilbeschluss entscheiden. Die rechtlichen Grundlagen für den Stufenantrag im Unterhaltsverfahren finden sich in § 254 ZPO.  Die Vorschrift ist in Unterhaltssachen wegen § 113 Abs.1 FamFG anwendbar.

    > Wegweiser Unterhaltsverfahren mit Stufenantrag


    Stufenantrag

    Muster
    für einen Stufenantrag


    Wie man einen gerichtlichen Antrag zur Auskunftsverpflichtung formuliert, finden Sie
    > hier

    Inhalt
    des Stufenantrags


    Eine Stufenklage (§§ > 112 Ziff.1, > 113 Abs.1 FamFG i.V.m. § 254 ZPO) muss im Sinne des § > 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmt sein. Soweit nach dem Antrag zu Ziffer 1c) Auskunft begehrt unter anderem über Einkommen des Beklagten „aus allen anderen Einkunftsarten", ist dies dahingehend auszulegen, dass damit alle im Steuerrecht angeführten Einkommensarten neben den von der Klägerin ausdrücklich benannten aus selbständiger und nichtselbständiger Arbeit, Vermietung und Verpachtung sowie Kapitalvermögen gemeint sind (vgl. auch Wendl/Staudigl-Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., 2008, § 1 Rn. 686). 

    Stufenantragsverfahren


    Im Regelfall wird mit erster Stufe Auskunft zu den Unterhaltsbemessungsgrundlagen verlangt, in der zweiten Stufe wird Antrag auf Abgabe der eideststattlichen Versicherung verlangt und in der dritten Stufe wird ein konkret bezifferter Unterhaltsbetrag gefordert (Leistungsantrag).

    Zu verhandeln und zu entscheiden ist regelmäßig Stufe für Stufe durch Teilbeschlüsse pro Stufe. Erst wenn eine Stufe inklusive Vollstreckungsmöglichkeiten erledigt ist, wird auf Antrag des Antragstellers – nicht von Amts wegen – das Verfahren in der nächsten Stufe fortgesetzt.

    Die Fortsetzung des Verfahrens erfolgt dabei unter Berücksichtigung des Ergebnisses aus der Vorstufe mit der schriftsätzlichen Ankündigung eines Sachantrags seitens des Antragstellers verbunden mit dem Antrag auf Terminsbestimmung.
    • Situation: Nach Auskunftsstufe wird Verfahren vom Antragsteller nicht weiter betrieben
      Beim Stufenantrag wird bereits ein – wenn auch unbeziffert – ein Unterhaltsanspruch geltend gemacht. Es handelt sich nach dem Wortlaut der gesetzlichen Bestimmung um einen Leistungsantrag, der nach der weit auszulegenden Bestimmung auch vorbereitende Auskunfts-, Beleg- und Versicherungsansprüche erfasst. Es könnte mit einem negativen Feststellungsinteresse gearbeitet werden (anders bei einer isolierten Auskunftsklage: OLG Brandenburg FamRZ 2005, 117).

      Der Antragsgegner kann – zur Erreichung der nächsten Stufe – sich auch auf einen Terminsantrag beschränken. Allerdings ist diesem erst dann stattzugeben, wenn eine in der Vorstufe notwendig gewordene Zwangsvollstreckung aus einem Auskunftsbeschluss abgeschlossen ist.
    Hat der Antragsgegner die Auskunft erteilt, womit (gegebenenfalls) die weitere Zwischenstufe (eidesstattliche Versicherung) erledigt wurde, muss der Antrag nun beziffert werden. Andernfalls ist der Antrag wegen Nichtbeachtung des Bestimmtheitserfordernisses (§ 253 Abs.2 Nr. 2 ZPO) auf Antrag des Antragsgegners als unzulässig abzuweisen. Stellt sich im Zuge der Auskunftsstufe heraus, dass ein Unterhaltsanspruch (z. B. wegen zu geringen Einkommens des Unterhaltspflichtigen) nicht besteht, ist es dem Antragsteller verwehrt, mit Erfolg einseitig die Hauptsache für erledigt zu erklären. Dies wäre nur dann möglich, wenn der Stufenantrag bis zum Eintritt des erledigenden Ereignisses zulässig und begründet gewesen wäre, woran es bei einem Stufenantrag allerdings fehlt, wenn ein Zahlungsanspruch von vornherein nicht gegeben war. In dieser Verfahrenssituation besteht für den Antragsteller zunächst die Möglichkeit, im Wege der Antragsänderung (§ 263 ZPO) einen materiellrechtlichen Kostenerstattungsanspruch als Verzugsschaden in das Verfahren einzuführen. Entsprechend legt der BGH1211 den Antrag auf Feststellung der Erledigung aus. Alternative kann der Antrag auch zurückgenommen werden, weil der Antragsgegner, sofern er außergerichtlich seiner Auskunftsverpflichtung nicht hinreichend nachgekommen ist und deshalb zur Einleitung des Stufenverfahrens Anlass gegeben hat, die Kosten des Verfahrens zu tragen hat (§ 243 S. 2 Nr. 2 FamFG).

    • Strategie: Im Stufenantragsverfahren zum vorläufigen Unterhaltstitel
      Ein vorläufiger Zahlungstitel ist geeignet, das Problem der Langwierigkeit des Verfahrens über den Stufenantrag zu entschärfen: Für den Unterhaltsberechtigten ist die Sache dann nicht mehr ganz so dringlich, und für den Unterhaltspflichtigen ist der Vorteil durch eine Verfahrensverzögerung geringer. Wenn das Verfahren über den Stufenantrag noch nicht abgeschlossen ist, ist die Schaffung eines Zahlungstitels auf zwei Wegen denkbar: entweder durch einstweilige Anordnung, oder durch Teilbeschluss.

      Im Hauptsacheverfahren ist ein Teilbeschluss, der den Schuldner zur Zahlung verpflichtet, problematisch. Denkbar ist es zwar, mit dem Stufenantrag einen bezifferten Zahlungsantrag (in Höhe des sicher geschuldeten Mindestbetrages) zu stellen, und daneben den unbezifferten Zahlungsantrag. Die Entscheidung über einen solchen bezifferten Zahlungsantrag wäre jedoch nach herrschender und zutreffender Auffassung eine unzulässiger „horizontaler“ Teil-Unterhalt.
    • Weiterführende Links und Literatur:
      » Strategiewechsel zum Leistungsantrag
      » Wache: Der Stufenantrag im Unterhaltsrecht: Verzögerungs- und Beschleunigungsstrategien (NZFam 2019, 372)
      » Wendl/Dose UnterhaltsR, § 10 Verfahrensrecht, XII. Das Stufenverfahren (§ 254 ZPO)

    Teil-Beschluss
    zur Auskunftsverpflichtung


    AG Altenkirchen, Teil-Versäumnisbeschluss vom 25.02.2019 - 4 F 104/18UE
    Beispiel zur Auskunftsverpflichtung durch Gerichtsbeschluss


    Anmerkung: Wird auf den begründeten Stufenantrag vom Auskunftspflichtigen nicht mit einer entsprechenden Auskunft reagiert, erlässt das Gericht einen Teil-Beschluss zur Auskunftsverpflichtung.

    AG München, Teil-Beschluss vom 16.11.2018 - 542 F 666/17
    Beispiel zur Auskunftsverpflichtung durch Gerichtsbeschluss




    Vollstreckung
    des Auskunftsbeschlusses


    AG Altenkirchen, Beschluss vom 04.11.2019 - 4 F 104/18OG
    Zwangsmittel festsetzen zur Vollstreckung des Auskunftsbeschlusses


    Anmerkung: Die Vollstreckung des Auskunftsbeschlusses erfolgt i.d.R durch Festsetzung eines Zwangsgeldes nach §§ 883, 888 ZPO i.V.m. 120 Abs.1 FamFG. Dazu muss der Auskunftsbeschluss einen vollstreckungsfähigen Inhalt aufweisen.

    Viel Zeit kann für das Vollstreckungsverfahren benötigt werden. Insbesondere die Vollstreckung von festgesetzten Zwangsmitteln birgt ein erhebliches Verzögerungspotential.
      

    Rechtsmittel
    gegen Auskunftsbeschluss


    Theoretisch ist gegen einen Auskunftsbeschluss die Beschwerde zum OLG möglich. Doch in der Praxis wird diese regelmäßig als unzulässig verworfen, weil der Beschwerdewert von 600,00 € (§ 61 Abs.1 FamFG) nicht erreicht wird.

    Stufenantrag
    in Österreich


    Wenn in Österreich für das deutsche Kind Unterhalt gegen den deutschen Vater geltend gemacht wird, bieten sich zwei Verfahrenswege an: der erste außergerichtliche Weg für über den österreichischen Jugendwohlfahrtsträger, der zweite Weg über ein gerichtliches Verfahren vor den österreichischen Bezirksgerichten. In österreichischen Verfahren wegen Kindesunterhalt oder in Scheidungsverfahren können Sie sich von einem deutschen Anwalt ohne (zusätzliche) Einschaltung eines österreichischen Anwalts vertreten lassen. In diesen Verfahren gilt der sog. relative Anwaltszwang.

    Wir haben
    auf diesem Gebiet Praxiserfahrung: Muster für einen Stufenantrag nach österreichischem Recht


    Auskunftswiderantrag
    bei Auskunftsinteresse

    Auskunftsinteresse
    beim Ehegattenunterhalt


    Beim > Trennungsunterhalt und beim > nachehelichen Unterhalt steht beiden Ehegatten wechselseitig ein > Auskunftsanspruch über die Höhe der Einkünfte und des Vermögens zu (§§ 1580, 1361 IV 4 iVm § 1605 BGB). Der unterhaltspflichtige Ehegatte empfindet die Geltendmachung eines umfassenden Auskunftsanspruchs im Wege des > Stufenantrags oftmals als einseitige Pflichtenauferlegung ohne entsprechendes Korrelat auf Seiten des Unterhalt begehrenden Ehegatten. Umso mehr als ihm wegen der > hohen Anforderungen an die systematische, schriftliche, persönlich zu unterzeichnende Zusammenstellung regelmäßig detaillierte Aufschlüsselungen zu seinen Einnahmen- und Ausgabenpositionen abverlangt werden. In diesem Verfahrensstadium hat der unterhaltsberechtigte Ehegatte zu seinen Eigeneinkünften selbst vielfach noch keinerlei aussagekräftige Auskünfte geliefert, behält sich eine entsprechende Darstellung häufig erst im Rahmen der Unterhaltsberechnung auf der Leistungsstufe vor. Über einen Auskunftswiderantrag möchte der Unterhaltsschuldner dem entgegenwirken und sich zeitnah umgekehrt Informationen über die Einkommenslage des anderen Ehegatten und dessen Bedürftigkeit verschaffen. Bereits auf der Auskunftsebene will er damit ein Gleichgewicht herbeiführen und dem Gläubiger dieselben Auskunftspflichten auferlegt wissen, wie sie ihm zugemutet werden. Der Zulässigkeit eines solchen Auskunftswiderantrags wird entgegengehalten, dass es hierfür am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Für die auf der späteren prozessualen Leistungsstufe zu prüfende Unterhaltsbedürftigkeit ist der Unterhaltsgläubiger darlegungs- und beweisbelastet. Er muss erst dann zu seinen Eigeneinkünften und damit zu seiner Bedürftigkeit entsprechend vortragen und ggf. Beweis antreten. Allerdings gibt es Beispiele aus der Rechtsprechung, die einen Auskunftswiderantrag für zulässig erachten.

    Auskunftsinteresse
    beim Kindesunterhalt


    In Ausnahmesituationen kann der barunterhaltspflichtige Elternteil ein Interesse an der Auskunft über die Höhe des Einkommens des kinderbetreuenden Elternteils haben. Das ist der Fall, wenn der kinderbetreuende Elternteil zusätzlich und anteilig zur Leistung von Barunterhalt für das Kind verpflichtet ist (> mehr). Einen solchen Fall mit Stufenwiderantrag gegen den kinderbetreuenden Elternteil hatten wir in unserer Praxis vor dem AG Tettnang - 7 F 451/20 (unser Az.: 71/20JS27, Antragsschrift [D3/767-20]). Hier bestand Interesse an der Einkommensauskunft des kinderbetreuenden Vaters, weil dieser ein dreifach höheres Einkommen erzielte, als die barunterhaltspflichtige Mutter.


    Rechtsprechung
    zum Auskunftswiderantrag


    AG Erding, Teilbeschluss vom 24.03.2018 - 6 F 565/17
    Auskunftswiderantrag ist zulässig


    Anmerkung: Die Sache ging in die Beschwerde. In puncto Auskunftswiderantrag hatte das OLG München in der Beschwerdeinstanz nichts gegen die Entscheidung des AG Erding einzuwenden.


    Links & Literatur



    Links



    Literatur


    • VRiOLG Dieter Büte, So setzen Sie den unterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruch gerichtlich erfolgreich durch, in FK Familienrecht kompakt, Ausgabe 12/2004, 213 .
    • Thomas Fleischer, Neuere Entwicklungen in der Rechtsprechung zum Stufenantrag, in: NZFam 2016, 679
    • Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 21.12.2006 - 9 WF 408/06 : keine isolierte Stufenklage im Scheidungsverbund.
    • OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 11.01.2016 - 5 WF 7/16, Verfahrenswert eines Stufenantrags, Anm. Wolfgang Hachenberg, in NZFam 2016; 182


    In eigener Sache


    • AG Aichach - 2 F 595/22, Stufenverfahren wegen nachehelichem Unterhalt und Zugewinnausgleich; Antrag auf Terminsbestimmung zur Fortsetzung des Verfahrens, unser Az.: 103/21
    • AG München - 542 F 666/17, zur Auskunftspflicht des unterhaltsbedürftigen Ehegatten; Widerantrag wegen Auskunftsverlangen im Unterhaltsverfahren, unser Az.: 234/15 (D3/103-17)
    • AG Tettnang - 7 F 451/20 Wider-Auskunftsantrag gegen kinderbetreuenden Elternteil beim Kindesunterhalt, unser Az.: 71/20JS27, Antragsschrift [D3/767-20]