Im Regelfall löst nur ein -> ausdrückliches Auskunftsverlangen eine -> Auskunftspflicht aus. Im -> Unterhaltsverfahren verschärfen sich die Auskunftpflichten; jetzt gilt die sog. -> prozessuale Wahrheitspflicht. Diese kann Auslöser für Auskunftspflichten sein, ohne dass ein Auskunftsverlangen voraus gehen muss: Man spricht in diesen Fällen von der
Obliegenheit zur ungefragten Informationsmitteilung.
(Zitat) "Wer einen Unterhaltsanspruch geltend macht, hat sodann die zur Begründung des Anspruchs sowie die zur Bemessung seines Unterhaltsbedarfs und seiner Bedürftigkeit notwendigen tatsächlichen Umstände wahrheitsgemäß anzugeben und darf nichts verschweigen, was seine Unterhaltsbedürftigkeit in Frage stellen könnte. Das gilt mit Rücksicht auf die nach § 113 Abs. 1 FamFG i.V.m. S 138 Abs. 1 ZPO bestehende prozessuale Wahrheitspflicht erst recht während eines laufenden Rechtsstreits. Andern sich die maßgeblichen Verhältnisse während des Rechtsstreits, sind Umstände, die sich auf den geltend gemachten Anspruch auswirken können, auch ungefragt anzuzeigen (Wendl/Dose/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 8.Aufl. § 1 Rn. 604).
Anmerkung: Immer dann, wenn eine Veränderung der Verhältnisse im Sinne des § -> 238 FamFG eingetreten ist und das Schweigen über eine grundlegende Änderung der Verhältnisse evident unredlich erscheint, besteht unter den Beteiligten eines Unterhaltsrechtsverhältnisses als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) sowohl -> beim Unterhaltsberechtigten (BGH FamRZ 1986, 450; 1988, 270; OLG Düsseldorf FamRZ 1988, 841) als auch -> beim Unterhaltspflichtigen (BGH, Urteil vom 25.11.1987 - IVb ZR 96/86; BGH FamRZ 1988, 270) eine Verpflichtung, unaufgefordert Auskunft zu erteilen. Diese nach der Rechtsprechung erforderliche evidente Unredlichkeit eines Schweigens liegt dann vor, wenn der andere Beteiligte des Unterhaltsrechtsverhältnisses auf Grund vorangegangenen Tuns keinen Anlass hatte, sich einer Änderung der unterhaltsrechtlichen Umstände durch eine Auskunft zu vergewissern. Während in der Rechtsprechung nach Abschluss eines Verfahrens die Obliegenheit zur ungefragten Information eher restriktiv ausgelegt wird (vgl. BGH FamRZ 1986, 1082), besteht in der Rechtsprechung Einigkeit dahin, dass während eines -> laufenden Unterhaltsprozesses wechselseitig die Obliegenheit zur Anzeige aller den Unterhaltsanspruch beeinflussenden Änderungen der rechtserheblichen Umstände besteht (OLG Hamburg FamRZ 1987, 1044). Zum Thema ungefragte Auskunft siehe Hoppenz, in FamRZ 1989, 337ff; Heiß, in: Heiß/Born, Unterhaltsrecht, 37. Auflage 2010, Rn 78 ff.
(Zitat) "Grundsätze (...), die der Senat im Urt. v. 19. 2. 1986 (NJW 1986, 1751 = FamRZ 1986, 450 (451)) zu den Voraussetzungen einer Auskunftspflicht unter geschiedenen Ehegatten dargelegt und im Urteil vom 23. 4. 1986 (NJW 1986, 2047 = FamRZ 1986, 794 (796)) bestätigt hat. Danach kommt als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (...) unter besonderen Umständen auch eine Verpflichtung zur ungefragten Information des anderen Beteiligten eines Unterhaltsrechtsverhältnisses in Betracht. Eine solche Pflicht zur ungefragten Offenbarung einer (...) wesentlichen Änderung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse besteht, wenn das Schweigen über eine günstige, für den Unterhaltsanspruch ersichtlich grundlegende Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse evident unredlich erscheint."
Die Wesentlichkeitsschwelle wird in der Praxis in Anlehnung an § 238 Abs.1 S.2 BGB häufig angenommenen ab 10 % Veränderung der Unterhaltsbemessungsgrundlage (vgl. Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 16. Auflage, Rn 86 zu § 238).
Wer seine -> Verpflichtung zur ungefragten Auskunftserteilung verletzt u.U. derjenige, der trotz eines längeren eheähnlichen Zusammenlebens mit einem anderen Partner den titulierten Ehegattenunterhalt weiterhin entgegennimmt. Hierin kann eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung des Unterhaltsschuldners zu sehen sein, die gem. § 826 BGB zum Schadensersatz verpflichtet und zur -> Verwirkung des Unterhaltsanspruchs führt (OLG Hamm, Urteil v. 28.02.1996 - 5 UF 43/95, in FamRZ 1996, 1079 ff). Jedem Unterhaltsgläubiger muss sich nämlich aufdrängen, dass ein eheähnliches Zusammenleben mit einem neuen Partner eine Veränderung der wirtschaftlichen Verhältnisse ist, die sich in der Regel auch auf die Unterhaltsverpflichtung des Unterhaltsschuldners auswirkt. Der Unterhaltsschuldner kann erwarten, dass ihm ein redlicher Unterhaltsgläubiger eine solche Veränderung der Verhältnisse, die zu erfragen er in der Regel keine Veranlassung hat, unaufgefordert mitteilt, § 242 BGB (OLG Koblenz FamRZ 1987, 1156). Zur Verwirkung des künftigen Unterhalts wegen neuer verfestigter Lebenspartnerschaft -> HIER ...
Wer im laufenden -> Unterhaltsverfahren falsche oder unzureichende Angaben zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen macht, verstößt gegen die -> prozessuale Wahrheitspflicht. Die prozessuale Wahrheitspflicht trifft alle Beteiligten. Generell drohen jedem Beteiligten -> strafrechtliche Konsequenzen wegen (versuchten) Prozessbetrugs. Eine auf falschen Angaben beruhende -> Unterhaltsvereinbarung ist anfechtbar. Die sonstigen zivilrechtlichen Rechtsfolgen sind für Unterhaltsschuldner und Unterhaltsberechtigte unterschiedlich.
Neben den zilrechtlichen Rechtsfolgen droht bei unvollständigen oder unrichtigen Angaben ein Verfahren wegen versuchten -> Prozessbetrugs. Anders als im Strafverfahren gibt es im Unterhaltsverfahren kein Schweigerecht. Dieses Aufklärungsgebot und Lügeverbot verpflichtet die Beteiligten zur Wahrheit im subjektiven Sinn. Keine strafbarer Verstoß gegen die prozessuale Wahrheitspflicht ist dagegen gegeben, wenn ein Beteiligter Tatsachenbehauptungen aufstellt, die er nicht zweifelsfrei wissen kann, um seinen Anspruch schlüssig zu begründen (-> Mut zum Leistungsantrag). Ein Beteiligter darf also Umstände subjektiv als wahr behaupten, auch wenn er nicht genau weiß, ob diese objektiv war sind.