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Die -> Süddeutschen Leitlinien enthalten zur Herabsetzung bzw. Anpassung des Selbstbehalts nach > Düsseldorfer Tabelle unter Ziff. 21.5 folgende Regelungen:
Unterhaltspflichtiger Ehegatte bezieht ein unterhaltsrelevantes Einkommen in Höhe von 400,- €. Der (neue) Ehegatte bezieht ein unterhaltsrelevantes Einkommen in Höhe von 2.000,- €. Unterhaltspflichtiger Ehegatte schuldet einem minderjährigen Kind aus erster Ehe Kindesunterhalt. Der Selbstbehalt nach Düsseldorfer Tabelle (2013) beträgt gegenüber dem Kindesunterhaltsanspruch gleich 1.000,- €.
Einkommen barunterhsaltspflichtiger Elternteil in neuer Ehe | 1.000,00 € |
abzgl. unstreitige Fahrtkosten | 128,00 € |
zzgl. anteilige Steuererstattung | 16,72 € |
verbleibendes Einkommen | 880,87 € |
zzgl. Wohnwertvorteil | 343,50 € |
Gesamteinkommen | 1.232,27 € |
notweniger Selbstbehalt bei Unterhalt für Minderjährige | 1.080,00 € |
angenommene Reduzierung wegen Halbschichtigkeit | 980,00 € |
angenommene 10%-ige Haushaltsersparnis | 98,00 € |
angenommener Selbstbehalt | 882,00 € |
Einkommen des Ehemannes des barunterhaltspflichtigen Elternteils aus Erwerbstätigkeit |
4.298,01 € |
hiervon sind abzuziehen berufsbedingte Fahrtkosten (einfache Entfernung zur Arbeitsstätte 75 km) |
495,00 € |
Darlehnsrate | 108,00 € |
Kita- und Beitrag OGS | 573,39 € |
Berufsunfähigkeitsversicherung monatlich | 49,20 € |
Lebensversicherung | 15,12 € |
Darlehn | 89,70 € |
Darlehnsrate für die Immobilienfinanzierung | 950,00 € |
zzgl. Steuererstattung | 53,68 € |
verbleiben | 2.071,28 € |
zzgl. Wohnwertvorteil | 343,50 € |
anrechenbares Einkommen Ehemann | 2.414,78 € |
abzgl. Unterhalt Kind 1 | 350,00 € |
abzgl. Unterhalt Kind 2 | 275,00 € |
verbleiben | 1.789,78 € |
zzgl. Einkommen barunterhaltspflichtiger Elternteil | 1.232,27 € |
Familieneinkommen | 3.022,05 € |
Anspruch je Ehegatte am Familienunterhalt | 1.511,02 € |
abzgl. Eigeneinkommen barunterhaltspflichtiger Elternteil | 1.232,27 € |
individueller Anspruch am Familieneinkommen | 278,75 € |
gesamte Einkünfte des barunterhaltspflichtigen Elternteils zur Bedarfsdeckung | 1.511,02 € |
damit Leistungsfähigkeit für Mindestunterhalt |
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Ist der Unterhaltsschuldner mit dem neuen Lebenspartner nicht verheiratet, kann es keine Herabsetzung des Selbstbehalts wegen Anspruchs auf Familienunterhalt geben. Das Zusammenleben ohne Trauschein hat aber ebenfalls unterhaltsrechtliche Konsequenzen:
SYNERGIEEFFEKT
Was ist das? ...
Wer als Unterhaltsbedürftiger im Haushalt eines Dritten oder neuen Lebenspartner mietfrei wohnt, dem werden dafür keine fiktiven Einkünfte zugerechnet (> Wohnvorteil wegen Wohnen bei Dritten?). Wer als Unterhaltspflichtiger sich in der gleichen Situation befindet, hat allerdings wegen dieses Synergieeffekts eine > Korrektur seines Selbstbehalts hinzunehmen.
> Synergieeffekte stellen kein > (fiktives) Einkommen im unterhaltsrechtlichen Sinn dar. Das Zusammenleben mit einem leistungsfähigen Dritten (neuer Partner) in einem gemeinsamen Haushalt bedeutet aber eine Kostenersparnis gegenüber dem Wohnen in einem Single-Haushalt (= Synergieeffekt). Kostenersparnisse gehöhren nicht zu der Kategorie "(fiktive) Einkünfte". Wer alternativ dazu in einem Single-Haushalt leben würde, würde dadurch nicht mehr geld verdienen, sondern eben mehr für seine Lebensführung ausgeben müssen. Synergieeffekte auf Seiten des Unterhaltsberechtigten mindern daher grundsätzlich nicht dessen > BEDÜRFTIGKEIT wegen Zurechnung fiktiver Einkünfte (> Synergieeffekt vs. fiktives Einkommen). Beim Unterhaltsschuldner allerdings haben Synergieeffekte Auswirkung auf dessen > LEISTUNGSFÄHIGKEIT. Synergeieffekte rechtfertigen die Herabsetzung der Selbstbehalts.
Grundsätzlich kann wegen des Synergieeffekts des gemeinsamen Haushalts eine Herabsetzung von 10 % bis 25 % des jeweiligen Selbstbehalts vorgenommen werden.
Zusätzlich hat der BGH hat mit Urteil vom 19.02.2008 - XII ZR 170/05 entschieden, dass hierbei der Selbstbehalt maximal auf das Existenzminimum nach sozialhilferechtlichen Grundsätzen reduziert werden kann. Dem Unterhaltsschuldner steht demnach zunächst einmal der Regelsatz nach § 20 Abs.2 SGB II zu in Höhe von 364 € sowie Wohnkosten in angemessenem Umfang. Der im notwendigen Selbstbehalt gegenüber minderjährigen Kindern enthaltene Wohnkostenanteil beläuft sich auf 360 €. Gegenüber dem getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten beläuft sich der im Selbstbehalt enthaltene Wohnkostenanteil auf 400 € (vgl. dazu Düsseldorfer Tabelle).
BGH, Urteil vom 9. Januar 2008 - XII ZR 170/05, Rn 33 ff
Leitsatz:
Der Selbstbehalt eines Unterhaltspflichtigen kann um die durch eine gemeinsame Haushaltsführung eintretende Ersparnis, höchstens jedoch bis auf sein Existenzminimum nach sozialhilferechtlichen Grundsätzen herabgesetzt werden.
(Zitat) "in Rechtsprechung und Literatur (wird) überwiegend vertreten, dass eine Herabsetzung des notwendigen Selbstbehalts im Einzelfall in Betracht komme, wenn der Unterhaltspflichtige im Rahmen einer neuen Lebensgemeinschaft Lebenshaltungskosten erspare (OLG Hamm - 8. Senat für Familiensachen - FamRZ 2002, 1708 und 2003, 1210 und - 11. Senat für Familiensachen - FamRZ 2005, 53; OLG Nürnberg FamRZ 2004, 300; OLG München, FamRZ 2004, 485; OLG Stuttgart FamRZ 2005, 54 und OLG Köln OLGR 2004, 330; vgl. auch Wendl/Scholz aaO § 2 Rdn. 270 -> Synergieeffekte). Auch der Senat hat bereits in seiner früheren Rechtsprechung wiederholt darauf hingewiesen, dass sich durch die gemeinsame Haushaltsführung mit einem neuen Partner eine Ersparnis ergeben kann, die eine Herabsetzung des Selbstbehalts rechtfertigt (vgl. Senatsurteile vom 19. November 1997 - XII ZR 1/96 - FamRZ 1998, 286, 288; vom 20. März 2002 - XII ZR 216/00 - FamRZ 2002, 742 und vom 29. Oktober 2003 - XII ZR 115/01 - FamRZ 2004, 24). Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest, wonach eine Herabsetzung des notwendigen Selbstbehalts bis auf den notwendigen Lebensbedarf nach sozialhilferechtlichen Grundsätzen in Betracht kommt, wenn der Unterhaltspflichtige in einer neuen Lebensgemeinschaft wohnt, dadurch Kosten für die Wohnung oder die allgemeine Lebensführung erspart und sich deswegen auch sozialhilferechtlich auf einen - im Rahmen seiner Bedarfsgemeinschaft - geringeren Bedarf verweisen lassen muss. Dabei hat das Berufungsgericht allerdings zu Recht danach differenziert, ob der Unterhaltsschuldner mit dem Partner verheiratet ist oder mit ihm in nichtehelicher Lebensgemeinschaft wohnt. Ist der Unterhaltsschuldner verheiratet, stellt sich zwar auch die Frage, ob seine Kosten für die Wohnung oder die allgemeine Lebenshaltung durch die gemeinsame Haushaltsführung reduziert werden. In solchen Fällen ist allerdings entscheidend darauf abzustellen, dass der Unterhaltsschuldner gegen seinen neuen Ehegatten nach § 1360 a BGB einen Anspruch auf Familienunterhalt hat, der - im Falle der Leistungsfähigkeit des neuen Ehegatten - seinen Selbstbehalt ganz oder teilweise deckt. Darauf hat der Senat insbesondere im Rahmen seiner Hausmannrechtsprechung (Senatsurteile vom 12. April 2006 - XII ZR 31/04 - FamRZ 2006, 1010, 1013 f. und BGHZ 169, 200, 206 = FamRZ 2006, 1827, 1828) und seiner Rechtsprechung zum Elternunterhalt (Senatsurteil vom 17. Dezember 2003 - XII ZR 224/00 - FamRZ 2004, 370, 372) abgestellt. Weil der Beklagte nicht wieder verheiratet ist, kommt ein solcher Anspruch auf Familienunterhalt hier nicht in Betracht. Steht dem Unterhaltspflichtigen weder ein Anspruch auf Familienunterhalt noch ein Anspruch für Versorgungsleistungen zu, schließt dies eine Herabsetzung des ihm zu belassenden notwendigen Selbstbehalts wegen ersparter Kosten durch die gemeinsame Haushaltsführung aber nicht aus. Das gilt in gleichem Maße für die Kosten der Wohnung wie für die allgemeinen Lebenshaltungskosten. Denn eine gemeinsame Haushaltsführung führt regelmäßig zu einer Kostenersparnis oder zu Synergieeffekten, die jeden Lebenspartner hälftig entlasten (vgl. Senatsurteile vom 19. November 1997 - XII ZR 1/96 - FamRZ 1998, 286, 288; vom 20. März 2002 - XII ZR 216/00 - FamRZ 2002, 742 und vom 29. Oktober 2003 - XII ZR 115/01 - FamRZ 2004, 24). Exemplarisch ist insoweit auf Heizkosten hinzuweisen, die sich nicht dadurch erhöhen, dass sich mehrere Personen in einem Raum befinden. Selbst wenn der Raumbedarf durch die Anzahl der dort lebenden Personen regelmäßig steigt, erreichen die Wohnkosten der Gemeinschaft jedenfalls nicht die Summe der Wohnkosten mehrerer Einzelhaushalte."