Wann und wieviel Unterhalt bekommt ein Ehegatte
nach der Trennung?


Das Wichtigste in Kürze

  1. Ein Ehegatte hat nach der Trennung Anspruch auf Unterhalt, sofern die Voraussetzungen gemäß § 1361 BGB erfüllt sind. Der laufende Unterhalt muss durch Zahlung einer Geldrente gewährt werden, wie es in § 1361 Abs. 4 Satz 1 BGB festgelegt ist. Im Falle einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft besteht kein Anspruch auf gesetzlichen Trennungsunterhalt. Es kann jedoch Unterhalt wegen Kinderbetreuung geben. 
  2. Wie bei allen Unterhaltsansprüchen ist der sogenannte Trennungsunterhalt ein "verhaltener Anspruch", der erst mit seiner Geltendmachung (Verlangen) entsteht und fällig wird. Der Anspruchszeitraum endet durch rechtskräftige Scheidung  oder Versöhnung. Nach Scheidung bestehen möglicherweise Ansprüche auf nachehelichen Unterhalt  mit spezifischen Rechtsgrundsätzen (Trennungsunterhalt im Verhältnis nachehelichen Unterhalt).
  3. Prüfung und Ermittlung des gesetzlichen Unterhalts nach der Trennung erfolgt nach einem Grundschema mit fünf Prüfungsebenen. Eine Vereinbarung zum Trennungsunterhalt ist nur eingeschränkt möglich. 
  4. Kindesunterhalt schmälert den Trennungsunterhalt. Das bedeutet, der Kindesunterhalt ist vorrangig zu leisten. 
  5. Mit jahrelanger Erfahrung und Fachkenntnis können wir Ihnen den Ehegattenunterhalt professionell berechnen.  Lassen Sie sich von uns beraten. Nehmen Sie noch heute Kontakt mit uns auf. Wir helfen, die rechtlichen Grundlagen des Anspruchs auf Trennungsunterhalt zu verstehen.

    > Wegweiser zum Trennungsunterhalt

  • Trennung
    vorbereiten

    Was es ansonsten im Fall einer Trennung der Ehegatten zu beachten und zu regeln gibt, erfahren Sie
    > hier

Prüfungsschema
zum Trennungsunterhalt

Die Ermittlung eines Unterhaltsanspruchs erfolgt stets nach dem gleichen > Grundschema. So auch die > Prüfung jeder Art von Ehegattenunterhalt, einschließlich des Trennungsunterhalts. Hier werden die Besonderheiten des Trennungsunterhalts auf den jeweiligen Prüfungsebenen dargestellt:

1. Prüfungsebene > Anspruchsgrundlage
2. Prüfungsebene > Bedarf des Ehegatten
2. Prüfungsebene >
Besonderheiten in der Trennungsphase

3. Prüfungsebene > Bedürftigkeit des Ehegatten
4. Prüfungsebene > Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners
5. Prüfungsebene > Begrenzung des Unterhalts


Anspruchsgrundlage:
§ 1361 Abs.1 S.1 1.Hs BGB

Gesetzestext


"Leben die Ehegatten > getrennt, so kann ein Ehegatte von dem anderen (...) angemessenen Unterhalt verlangen; ..."

Anspruchsvoraussetzungen


Der Anspruch auf Trennungsunterhalt basiert auf zwei Anspruchsvoraussetzungen.

Wirksame Ehe:
Gläubiger und Schuldner des Unterspruchs sind miteinander verheiratet. Bei nichtehelichen Lebenspartnerschaften gibt es keinen gesetzlichen Trennungsunterhalt; hier kann es allenfalls zu einem > Unterhalt wegen Kinderbetreuung kommen.

Trennung im Rechtssinn:
Ohne > Trennung im Rechtssinn gibt es keinen Trennungsunterhalt. Vor der Trennung besteht ein Anspruch auf > Familienunterhalt. Der Trennungsunterhaltsanspruch beginnt mit der Trennung und endet mit > Rechtskraft der Scheidung. Daran schließt ein möglicher > nachehelicher Unterhalt an. Wer Trennungsunterhalt verlangt, muss letztendlich beweisen, dass er in Trennung lebt.

Unser Tipp: schreiben Sie Ihrem Ehepartner einen > Trennungsbrief.


Bedarf der Ehegatten
§ 1631 Abs.1 BGB

Gesetzestext


(1) Leben die Ehegatten getrennt, so kann ein Ehegatte von dem anderen den nach den > Lebensverhältnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Unterhalt verlangen; für Aufwendungen infolge eines Körper- oder Gesundheitsschadens gilt § 1610a. Ist zwischen den getrennt lebenden Ehegatten ein Scheidungsverfahren rechtshängig, so gehören zum Unterhalt vom Eintritt der Rechtshängigkeit an auch die Kosten einer angemessenen > Versicherung für den Fall des Alters sowie der verminderten Erwerbsfähigkeit.

Bedarfsmaßstab
Die ehelichen Lebensverhältnisse


Die > Bedarfsermittlung ist das Kernstück der Unterhaltsberechnung für jede Art von Ehegattenunterhalt; so auch beim Trennungsunterhalt 1361 Abs.1 1.Hs. BGB). Sie ist die Einstiegsgröße zur möglichen  Höhe (= Maß) des Unterhaltsanspruchs. Was > "eheliche Lebensverhältnisse" bedeutet und wie daraus die Rechtssprechung eine unterhaltsrechtliche Berechnungsformel ableitet, erfahren Sie 
> hier 


Beispiel
zur Ermittlung des Bedarfs pro Ehegatte (vereinfacht)


M verdient 2.500,- € netto und F verdient 500,-- € an unterhaltsrelevantem Einkommen. Die Ehe ist kinderlos. Das monatliche Familieneinkommen beträgt somit insgesamt 3.000,-- €. Der Bedarf des jeweiligen Ehegatten ist die Hälfte vom Familieneinkommen, d.h. 1.500,-- € (= 3.000,-- € x 1/2), denn jeder Ehegatte hat Anspruch auf hälftige Beteiligung am Familieneinkommen.

> Berechnungsformel zum Bedarf des Ehegatten

F kann ihren Bedarf in Höhe von 1.500,-- € mit eigenem Einkommen in Höhe von 500,-- € decken. Damit ist F in Höhe von 1.000,-- € bedürftig. Der Anspruch auf Trennungsunterhalt besteht danach in Höhe von 1.000,-- €. Kann F zugemutet werden, mehr als 500,-- € Einkommen pro Monat zu verdienen (§ 1361 Abs.2 BGB), so ist diese Erwerbsmöglichkeit bei der Ermittlung der > Bedürftigkeit zu berücksichtigen. Ist der F eine Teilzeitbeschäftigung mit einem unterhaltsrelevanten Einkommen in Höhe von 700,-- €/Monat zumutbar, ist F nur in Höhe von 800,-- € (= 1.500,-- € abzgl. 700,-- €) wegen Zurechnung > fiktiver Einkünfte bedürftig. Damit hat M an F nur 800,-- € an Trennungsunterhalt zu bezahlen. Die Zurechnung fiktiver Einkünfte auf der Prüfungsebene der > Bedürftigkeit kann nur in Betracht kommen, wenn F als Ehegattin eine entsprechende > Erwerbsobliegenheit nach § 1361 Abs.2 BGB trifft.


Versicherung
zur Altersvorsorge und Erwerbsminderung


Zusätzlich zum Trennungsunterhalt nach Maßgabe der ehelichen Lebensverhältnisse ergibt sich aus § 1361 Abs.1 BGB ein weiterer Sonderbedarf in Form des sog. > Vorsorgeunterhalt. Dieser Sonderbedarf ist fällig ab > Zustellung des Scheidungsantrags, womit das > Scheidungsverfahren rechtshängig wird. Dies hängt damit zusammen, dass mit Rechtshängigkeit der Scheidung das Prinzip des Aufbaus einer gemeinsamen Altersvorsorge endet. Die Teilhabe an der Altersversorgung des Ehepartners über den > Versorgungsausgleich entfällt.  Die > Berechnung des Vorsorgeunterhalts erfolgt nach der Rechtssprechung in drei Stufen unter Heranziehung der sog. „Bremer Tabelle“ (FamRZ 2011, 264ff). Der berechtigte Ehegatte soll mit der Zahlung von Vorsorgeunterhalt dementsprechende > Beiträge in eine private Vorsorgeversicherung einzahlen.


Bedarfsermittlung in der Trennungsphase

Besonderheiten

Die > Bedarfsermittlung beim Trennungsunterhalt gleicht der beim nachehelichen Unterhalt. Doch tauchen beim Trennungsunterhalt immer wieder spezielle Fragen auf, die beim Bedarf an nachehelichem Unterhalt nicht gestellt werden. Auf folgende Besonderheiten soll hier näher eingegangen werden:

Einkommensteuer
nach Trennung


Welche Auswirkungen die Trennung auf die gemeinsame Veranlagung der Eheleute zur Einkommensteuer nach § 26 EStG hat, erfahren Sie > hier. In der Regel fällt das steuerliche Privileg der gemeinsamen Veranlagung ab dem Veranlagungsjahr, das dem Jahr der Trennung folgt. Es findet ein > Steuerklassenwechsel statt. Damit ändert sich das unterhaltsrelevante Einkommen der Ehegatten, weil sich der Steuerabzug vom Bruttoeinkommen ändert (> Abzugspositionen vom Einkommen). Dies wird bereits bei der > Ermittlung des > Quotenbedarfs an Trennungsunterhalt berücksichtigt und hat oftmals negative Auswirkungen auf die Höhe des Trennungsunterhalts. Wie man dabei unnötige > Abänderungsverfahren verhindert, erfahren Sie > hier

Wohnkosten und alleinige Nutzung
der Ehewohnung


Bedarfsprägender Wohnvorteil:
Wer nach der Trennung in der Ehewohnung bleibt und dort weiterhin mietfrei wohnt, hat sich dafür einen Wohnvorteil zurechnen zu lassen. Der sog. Wohnvorteil erhöht das unterhaltsrelevante Einkommen desjenigen, der mietfrei wohnen kann. Beim Trennungsunterhalt wird der Wohnvorteil auf der Prüfungsebene "Bedarf" berücksichtigt, denn die ehelichen Lebensverhältnisse spiegeln sich mietfreien Wohnen der Ehegatten (bedarfsprägender Wohnvorteil).

Höhe des Wohnvorteils:
Der Wohnvorteil hat grundsätzlich einen Doppeleffekt: Entweder wird er in Höhe der ersparten Miete (Spareffekt | Synergieeffekt) oder in Höhe der objektiv erzielbaren Miete (Einkommenseffekt) in Ansatz gebracht. Bis zum Ablauf des ersten Trennungsjahrs wird den Ehegatten eine Fremdvermietung der Ehewohnung nicht zugemutet. Damit wird im ersten Trennungsjahr bzw. bis zum Scheidungsantrag als Wohnwert ein angemessener Wohnwert und erst danach ein objektiver Wohnwert in Ansatz gebracht. 

Derjenige, der in der Ehewohnung verbleibt, hat die verbrauchsabhängigen Kosten zu tragen.

Auszug und trennungsbedingte Mehrkosten:
Derjenige, der aus der Ehewohnung auszieht, hat meist zusätzliche Kosten für eine eigene Mietwohnung zu tragen. Man spricht hier von trennungsbedingten Mehrkosten. Kann der Betroffene sein unterhaltsrelevantes Einkommen von Mehrkosten bereinigen?

Mehrkosten wegen Trennung
gleich trennungsbedingter Mehrbedarf?


Trennungsbedingte Mehrkosten sind zusätzliche Lebenshaltungskosten, die sich aufgrund einer Trennung ergeben und ohne diese nicht angefallen wären. Ein Beispiel hierfür sind doppelte Mietkosten, also der Unterhaltspflichtige bezahlt die Miete für die ehemalige gemeinsame Ehewohnung sowie zusätzlich die Mietkosten für seine neue eigene Wohnung. Kostenposten, die regelmäßig und fortlaufend zu bezahlen sind, können von den Gesamteinkünften abgezogen werden (Abzugspositionen zur Einkommensbereinigung). Allerdings gilt dies nur für berücksichtigungswürdige Abzugsposten. Bei Mietkosten ist zu beachten, dass diese bereits in den Selbstbehaltsätzen der Düsseldorfer Tabelle einkalkuliert sind. Das bedeutet jedoch nicht, dass dort doppelte Mietkosten aufgrund einer Trennung berücksichtigt werden. Wie damit umgegangen werden sollte, wird in den unterhaltsrechtlichen Leitlinien zur Einkommensermittlung nicht explizit erwähnt. Es stellt sich die Frage, ob trennungsbedingte Mehrkosten bei der Bedarfsermittlung zum Ehegattenunterhaltsanspruch oder erst auf der Stufe der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen oder auf der Stufe der Bedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten berücksichtigt werden?

Rechtsprechung im Wandel:

Nach der früheren Rechtsprechung des BGH wurden diese trennungsbedingten Mehrkosten mit Einkommensbereinigung auf der Ebene der Bedarfsermittlung berücksichtigt, weil der gewohnte eheliche Lebensstandard nur mit zusätzlichen finanziellen Mitteln gehalten werden kann (BGH, Urteil vom 11.01.1995 - XII ZR 122/93, in: NJW 1995, 963). Von dieser Rechtsprechung hat sich zwischenzeitlich der BGH verabschiedet. Der BGH hat mit Urteil vom 18.11.2009 - XII ZR 65/09, Rn 35 entschieden, dass trennungsbedingte Mehrkosten beim Ehegattenunterhalt nicht auf der zweiten Prüfungsebene (Bedarf) berücksichtigt werden, weil die Interessen beider Ehegatten aufgrund des Halbteilungsgrundsatzes bereits angemessen berücksichtigt seien. Mit der Rückkehr des BGH im Jahr 2011 zum Stichtagsprinzip gilt dies erst recht: denn die Kosten für den Vollzug einer Trennung sind nicht in den ehelichen Lebensverhältnissen angelegt. Zusätzliche Mietkosten, die allein aufgrund der Trennung entstehen und veranlasst sind, werden nicht dem Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen zugerechnet. Sie werden nicht als Mehrbedarf eines Ehegatten behandelt wie etwa der Krankenvorsorgeunterhalt, Altersvorsorgeunterhalt oder Kosten für eine Ausbildung (§ 1578 Abs.2 BGB).

Fazit: Prüfungsstandort für trennungsbedingte zusätzliche Mietkosten sind die Prüfungsebenen Bedürftigkeit und Leistungsfähigkeit. Trennungsbedingte Mehrkosten des Unterhaltsschuldners können den eigenen angemessenen Eigenbedarf erhöhen und damit dessen Leistungsfähigkeit mindern.


Kreditfinanzierte Mehrkosten: Diese Mehrkosten werden bei der Bereinigung des unterhaltsrelevanten Einkommens berücksichtigt, wenn diese über Kreditaufnahme finanziert werden müssen. Wer die Chance wahren will, dass trennungsbedingte Mehrkosten unterhaltsrechtlich bei der Bedarfsermittlung Berücksichtigung finden, sollte diese Anschaffungen über Kreditaufnahmen finanzieren. Für die Frage, ob die Kreditraten abzugsfähig sind, richtet sich danach, ob es sich um nicht leichtfertig eingegangene oder unvermeidbare neue Schulden handelt.

Zusätzlicher
Krankenversicherungsunterhalt


Ein weiterer besonderer Teil des Trennungsunterhalts ist neben dem > Vorsorgeunterhalt der Krankenversicherungsunterhalt > 1361 Abs.1 S.2 BGB). An diesen ist immer dann zu denken, wenn keine Mitversicherung beim Ehegatten besteht. Bei der gesetzlichen Krankenversicherung besteht Mitversicherung beim Ehegatten bis zur Rechtskraft der Scheidung. Bei privaten Krankenversicherungen sind hier weitere Informationen beim Versicherer einzuholen.

Eheliche Lebensverhältnisse
bei kurzer Ehe?


Grundlage für einen ehelichen Unterhaltsanspruch ist die eheliche Solidarität. Diese rechtfertigt eine Bedarfsermittlung nach den > ehelichen Lebensverhältnissen. Doch was geschieht, wenn die Ehe zu kurz war, um sich eine Grundlage für eine eheliche Solidarität herauszubilden. Gibt es auch dann Trennungsunterhalt? § 1361 Abs.1 BGB enthält hierzu keine Einschränkung.

Da § 1361 Abs.3 BGB nicht auf § 1579 Nr.1 BGB ("> Ehe von kurzer Dauer" ) verweist, kann nicht allein wegen kurzer Ehedauer der Trennungsunterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen versagt oder herabgesetzt werden. So entschied das OLG Schleswig mit Urteil vom 08.03.2001 - 13 UF 105/00, dass einer Ehefrau auch dann Trennungsunterhalt zusteht, wenn bereits sechs Wochen nach der Eheschließung wieder die > Trennung erfolgte. Es müssen weitere Kriterien hinzukommen, die es "grob unbillig" erscheinen lassen, den Trennungsunterhalt ungekürzt nach den ehelichen Lebensverhältnissen zuzusprechen. Über den Umweg des § >  1579 Nr. 8 BGB, der wegen § > 1361 Abs.3 BGB anwendbar ist, kann die Ehedauer dennoch ein Argument für die Versagung, Herabsetzung oder Begrenzung des Trennungsunterhalts sein. §  > 1579 Nr.8 BGB nimmt ausdrücklich wiederum Bezug auf die Ziff.1 des § 1579 BGB, d.h. auf die "Ehe von kurzer Dauer".

Loewe

BGH, Urteil vom 27.04.1988 - IV b ZR 58/87, in: FamRZ 1988, 930
Trennungsunterhalt nach 9 Monaten Zusammenleben?


(Zitat) "In der kurzen Zeit des ehelichen Zusammenlebens (9 Monate) hätten sie jedoch ihre Lebensdispositionen nicht aufeinander einstellen können, zumal der Bekl. in dieser Zeit arbeitslos gewesen sei und nur Arbeitslosenunterstützung bezogen habe, die für eine gemeinsame Lebensgrundlage der Parteien ohnehin nicht ausgereicht hätte.(...) Die hiermit begründete Anwendung der Härteklausel des § 1579 Nr. 7 BGB (jetzt § > 1579 Nr.8 BGB) hält sich - vom Ansatz her - im Rahmen der Rechtsprechung des Senats zu § 1579 Absatz I Nr. 4 BGB, nach der das für die Heranziehung der Vorschrift wesentliche Erfordernis, daß die aus der Unterhaltspflicht erwachsende Belastung für den Verpflichteten die Grenze des Zumutbaren übersteigt, auch aus objektiven Gegebenheiten und Entwicklungen der Lebensverhältnisse der Ehegatten folgen kann ".

AG Neumarkt i.d. OPf., Endbeschluss vom 18.07.2014 - 2 F 18/14
Kurze Ehedauer & Trennungsunterhalt


Dem Familiengericht lag in erster Instanz ein Fall einer kinderlosen Ehe mit einer Ehedauer von 10 Monaten zu Grunde. In der Ehe herrschten von Anfang an Streitigkeiten, zumindest in Form von verbalen Auseinandersetzungen. Nach der Trennung verlangte der Ehemann Trennungsunterhalt. Ohne Erfolg: Das Gericht erkannte neben der kurzen Ehedauer weitere Umstände, die dagegen standen, von einer bereits entstandenen ehelichen Solidargemeinschaft auszugehen. Es stellte fest, dass bei den vorliegenden Umständen des Einzelfalls wegen § > 1579  Nr.8 BGB kein Trennungsunterhalt zuzusprechen ist. Im Übrigen überschritt der im vorliegenden Fall ermittelte Bedarf an Ehegattenunterhalt nicht die > Bagatellschwelle.

OLG Nürnberg, Beschluss vom 01.12.2014 - 10 UF 1207/14
Kurze Ehe & Trennungsunterhalt


(Zitat) "Auf Grund der vom Amtsgericht aufgeführten Umstände ist bei der vorzunehmenden Billigkeitsabwägung die Annahme gerechtfertigt, dass ein Trennungsunterhaltsanspruch des Antragstellers nach §§ 1361 Abs. 3, 1579 Nr. 8 BGB ausgeschlossen ist. Eine kurze Ehedauer allein stellt zwar keinen Ausschlussgrund dar (eine entsprechende Anwendung des § 1579 Nr. 1 BGB ist nicht vorgesehen). Sie kann aber bei Vorliegen sonstiger Härtegründe im Rahmen der Gesamtabwägung mit berücksichtigt werden (vgl. MünchKomm Weber-Monecke, BGB, 6. Aufl., § 1361 Rn. 66 m. w. N.). Solche zusätzlichen Gründe hat das Amtsgericht unter Hinweis auf Vorkommnisse, die Gegenstand des Verfahrens wegen > Zuweisung der Ehewohnung (2 F 596/14 AG Neumarkt i.d. OPf.) waren, nachvollziehbar dargelegt. (...) In Anbetracht der Kürze des Zusammenlebens und des Ausmaßes der Streitigkeiten liegt die Schlussfolgerung nahe, dass sich die eine Unterhaltverpflichtung rechtfertigende eheliche Solidarität zwischen den Beteiligten noch nicht herausgebildet hatte."

Eheliche Lebensverhältnisse
ohne tatsächliche Lebensgemeinschaft ?


OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 12.07.2019 - 4 UF 123/19
Trennungsunterhalt bei bloß beabsichtigter Lebensgemeinschaft


Orientierungssatz : Der Anspruch auf Trennungsunterhalt setzt weder voraus, dass die Beteiligten vor der Trennung zusammengezogen sind oder zusammengelebt haben (vgl. BGH vom 17.03.1982- IV B ZR 664/80 -, FamRZ 1982, 573; BGH vom 24.06.1987 - IV B ZR 73/86 -, FamRZ 1989, 838; BGH vom 09.02.1994 - XII ZR 220/92 -, FamRZ 1994, 558) noch dass es zu einer Verflechtung der wechselseitigen Lebenspositionen und zu einer inhaltlichen Verwirklichung der Lebensgemeinschaft gekommen ist (BGH FamRZ 1985, 376).

Anmerkung: Obwohl es im Fall des Senats vor der "Trennung" zu keinem Zeipunkt zu einem Zusammenleben der Ehegatten kam oder ein Ehegatte vom Einkommen des anderen gelebt hat, wurde der Trennungsunterhalt nach der üblichen > Quotenbedarfsmethode nach Maßgabe des "gemeinsamen" Einkommens ermittelt. Die Entscheidung des Senats zu Kritik nach sich (vgl. z.B. Anm. Lange, in: NZFam 2019, 881). Hat das OLG Frankfurt a.M. hier die Ehefrau für die bloße Hoffnung auf eine beabsichtigte Lebensgemeinschaft unterhaltsrechtlich belohnt? Doch dann setzte der BGH im Jahr 2020 klare Maßstäbe zur Bedarfsermittlung beim Trennungsunterhalt :

BGH, Beschluss vom 19.02.2020 - XII ZB 358/19
Trennungsunterhalt ohne vorheriges Zusammenleben


Leitsatzsatz: Der Anspruch auf Trennungsunterhalt setzt nicht voraus, dass die Ehegatten zusammengelebt oder gemeinsam gewirtschaftet haben (im Anschluss an BGH FamRZ 1994, 558 = NJW-RR 1994, 644).

Anmerkung: Die Ehegatten, deren Ehe von den Eltern arrangiert war, haben niemals eine häusliche Gemeinschaft hergestellt und niemals gemeinsam gewirtschaftet. Der BGH ging jedoch davon aus, dass diese Absicht für die Zukunft bestand. Die Ehefrau machte einen Anspruch auf Getrenntlebensunterhalt geltend. Der XII. Zivilsenat hat bei der Entscheidung dieses Falles an die Grundlinien seiner Rechtsprechung zum Trennungsunterhalt angeknüpft und den Antrag der Ehefrau stattgegeben. Das Maß des Unterhalts ermittelte der BGH nach der > Differenzmethode, also nach Maßgabe beider Einkommen der Ehegatten. Für dier Form der Bedarfsermittlung beim Trennungsunterhalt wird lt. BGH kein eheliches Zusammenleben vorausgesetzt. Weil kein anfängliches Einvernehmen vorlag, in Zukunft keine eheliche Lebensgemeinschaft zu begründen (vgl. dazu BGH FamRZ 1994, 558 = NJW-RR 644) wurde der Trennungsunterhalt auch nicht nach § 1579 Nr.8 BGB > begrenzt.

Einkommensentwicklungen
nach der Trennung


Welches Einkommen der Ehegatten ist nun unterhaltsrelevant? Das Einkommen während der intakten Ehe oder das aktuelle in der Trennungsphase? Nehmen die getrennten Eheleute noch an der wirtschaftlichen Verbesserung/Verschlechterung des jeweils anderen Ehepartners teil oder nicht? (zum Ganzen Bömelburg, in Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 9. Aufl. 2015, Rn 61 ff ). Will man realistisch den Unterhaltsbedarf danach ermitteln, wie der Lebenszuschnitt in der Ehe war, so könnte man meinen, dass grundsätzlich nur die Verhältnisse während der intakten Ehe für die > Bedarfsermittlung maßgebend seien und nicht solche Umstände, die sich erst in der > Trennungsphase entstehen. Dieser Umstand gewinnt an Bedeutung, wenn sich in der Trennungsphase erhebliche wirtschaftliche Veränderungen (z.B. Einkommenssteigerungen oder Ausgabenveränderungen) einstellen (z.B. > Karrieresprung etc.).

Wegzug
ins Ausland


Hält sich der Unterhaltsberechtigte bei Trennung im Ausland auf oder ist nach der Trennung ins Ausland umgezogen, hat dies > Auswirkungen auf die Bedarfsermittlung. Weiter ändert sich das anzuwendende Unterhaltsstatut.


Bedürftigkeit
§ 1361 Abs.2 BGB

Gesetzestext


"(2) Der nicht erwerbstätige Ehegatte kann nur dann darauf verwiesen werden, seinen Unterhalt durch eine > Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen, wenn dies von ihm nach seinen persönlichen Verhältnissen, insbesondere wegen einer früheren Erwerbstätigkeit unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe, und nach den wirtschaftlichen Verhältnissen beider Ehegatten erwartet werden kann."

Formel
zur Bedürftigkeit


Wurde der Bedarf des Ehegatten festgestellt, kommt es zur nächsten Frage, ob dieser Bedarf mit eigenem Einkommen und Vermögen gedeckt werden kann. Wenn das nicht der Fall ist, muss die Bedarfslücke vom anderen Ehegatten mit Unterhalt gedeckt werden. Die Formel zur Unterhaltsbedürftigkeit lautet also:


= Bedürftigkeit des Ehegatten


Erwerbsobliegenheit
ab Trennung


"Geh arbeiten, dann brauchst Du keinen Unterhalt!" Kann der unterhaltspflichtige Ehegatte zu Recht so argumentieren? Ob der unterhaltsberechtigte Ehegatte nach der Trennung verpflichtet werden kann, mit eigenem > Einkommen für seinen Unterhalt selbst zu sorgen, ist ein häufig anzutreffendes Streitthema zwischen den Ehegatten.

Im Fall des Trennungsunterhalts
antwortet darauf das Gesetz mit § > 1361 Abs.2 BGB. Die Vorschrift geht von einer > generellen Obliegenheit zur Einkommensoptimierung aus. Diese Obliegenheit findet dort seine Grenze, eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann, weil ein > Erwerbshinderungsgrund gegeben ist. Wann ein solcher Grund für den unterhaltsberechtigten Ehegatten beim Trennungsunterhalt vorliegt, legt § 1361 Abs.2 BGB nicht genau fest, sondern verlangt eine Prüfung und Abwägung aller Umstände des Einzelfalls. Ob eine Erwerbsobliegenheit nach § 1361 Abs.2 BGB besteht, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Der Wortlaut § 1361 Abs.2 BGB nennt dazu beispielhaft

> Dauer der Ehe
> Kinderbetreuung
> frühere Erwerbstätigkeit
> wirtschaftliche Verhältnisse beider Ehegatten

Das führt zu einer weit ausdifferenzierten > Einzelfall-Rechtsprechung. Danach kann der nicht erwerbstätige Ehegatte nur dann darauf verwiesen werden, seinen Unterhalt durch eine Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen, wenn dies von ihm nach seinen persönlichen Verhältnissen, insbesondere wegen einer früheren Erwerbstätigkeit unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe, und nach den wirtschaftlichen Verhältnissen beider Ehegatten erwartet werden kann. Die Schwelle für die Anrechnung eines fiktiven Einkommens ist damit grundsätzlich höher, als dies im Rahmen der nach § 1603 Abs. 2 BGB > gesteigerten Leistungsverpflichtung beim Kindesunterhalt für die Eltern der Fall ist.

Gerade bei einer langen Ehe, in der es dem ehelichen Lebensmodell entsprach, dass die Ehefrau nicht oder nur begrenzt erwerbstätig war und somit keinen wesentlichen finanziellen Beitrag zum Familienleben leistete, ist an die Zumutbarkeit der Erst- oder Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit im bereits fortgeschrittenem Alter ein sorgfältiger Prüfungsmaßstab anzulegen; gleiches gilt für den zeitlichen Ausbau einer bereits ausgeübten Tätigkeit.

Dem unterhaltsberechtigten Ehegatten kann nicht jede Art von Erwerbstätigkeit abverlangt werden, um die Unterhaltslast zu reduzieren. Vielmehr muss es sich um eine eheangemessene Tätigkeit handeln, die dem Alter und dem Gesundheitszustand des Berechtigten zu entsprechen hat (MüKoBGB/Weber-Monecke, BGB, 8. Aufl., § 1361 BGB, Rn. 54, 59).

Wenn der Unterhaltsschuldner selbst in gesicherten wirtschaftlichen Verhältnissen lebt, ist die Erwerbsobliegenheit für den Unterhaltsberechtigten großzügiger zu beurteilen; im Umkehrschluss ist dem Unterhaltsberechtigten je eher eine Erwerbstätigkeit zuzumuten, desto schlechter der Unterhaltsschuldner selbst situiert ist und desto mehr er selbst an die Grenzen seiner Belastbarkeit geht, um den Lebensunterhalt zu sichern (MüKoBGB/Weber-Monecke, a.a.O., Rn. 61).


Erwerbsobliegenheit
vor Ablauf des ersten Trennungsjahres


Grundlage des Trennungsunterhalts ist die Krise vor dem endgültigen Scheitern der Ehe. Solange die Ehe nicht > scheidungsreif ist und deshalb kein > Scheidungsantrag gestellt wurde, gibt es die Aussicht auf > Versöhnung. Weil Trennung zwar eine Ehekrise, aber noch nicht das endgültige > Scheitern der Ehe 1565 Abs.1 S.1 BGB) bedeutet, folgert hieraus das Unterhaltsrecht, dass in der ersten Trennungsphase der Weg zurück zu den (gewohnten) > ehelichen Verhältnissen - nicht unnötig - erschwert werden soll. Hier gilt die

  • Faustformel:
    Wer in der Ehe bisher nicht gearbeitet hat, kann diesen Status Quo bis zur Scheidungsreife im > ersten Trennungsjahr beibehalten.

Wohlgemerkt ist dies nur eine Faustformel. Je nach den Umständen des Einzelfalls kann bereits vor Ablauf des ersten Trennungsjahrs die in § 1361 Abs.2 BGB vorgesehene Erwerbsobliegenheit greifen. Keineswegs ist die Erwerbsobliegenheit ein Phänomen des Trennungsunterhalts, das erst nach Ablauf des ersten Trennungsjahres zum Tragen kommt. Bereits in der intakten Ehe trifft jeden Ehegatten die Pflicht, durch seine Arbeit und sein Vermögen zum > Familienunterhalt beizutragen (§§ 1360, 1360a BGB). Diese Erwerbsobliegenheit bei intakter Ehe strahlt auf den Trennungsunterhalt aus und setzt sich in der Trennungsphase fort.

Erwerbsobliegenheit
nach Ablauf des ersten Trennungsjahres


Nach Ablauf des ersten Trennungsjahres setzt die Pflicht zur möglichen Ausweitung der bisherigen Erwerbstätigkeit ein. Bis dahin sollen die gewohnten > ehelichen Verhältnisse fortbestehen können.

Rechtsprechung 
zur Erwerbsobliegenheit des unterhaltsberechtigen Ehegatten


BGH, Urteil v. 5.3.2008 - XII ZR 22/06
Erwerbsobliegenheit beim Trennungsunterhalt vs. nachehelicher Unterhalt


(Zitat) "Im Rahmen des Trennungsunterhalts kann der nicht erwerbstätige Ehegatte nur dann darauf verwiesen werden, seinen Unterhalt durch eine Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen, wenn dies von ihm nach seinen persönlichen Verhältnissen, insbesondere wegen seiner früheren Erwerbstätigkeit unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe, und nach den wirtschaftlichen Verhältnissen beider Ehegatten erwartet werden kann (§ 1361 II BGB). Diese gegenüber der Regelung in § 1574 BGB zum nachehelichen Ehegattenunterhalt deutlich schwächere Erwerbsobliegenheit will die bestehenden Verhältnisse für die Dauer der Trennungszeit schützen. Im Hinblick auf den Sinn der Trennungszeit und die sich langsam abschwächenden Folgen der ehelichen Lebensgemeinschaft ist aber auch die Dauer der Trennung zu berücksichtigen.

Während einen im Zeitpunkt der Trennung längere Zeit nicht erwerbstätig gewesenen Ehegatten im ersten Trennungsjahr in der Regel keine Erwerbsobliegenheit trifft, nähern sich die Voraussetzungen der Erwerbsobliegenheit mit zunehmender Verfestigung der Trennung, insbesondere wenn die Scheidung nur noch eine Frage der Zeit ist, immer mehr den Maßstäben des nachehelichen Unterhalts an (Senatsurteil v. 29.11.2000 - XII ZR 212/98 -, FamRZ 2001, 350, 351; vgl. auch Dose, FamRZ 2007, 1289, 1296)."

OLG Köln, Beschluss v. 19.10.2011 - 4 UF 170/11
Erwerbsobliegenheit - Erstes Trennungsjahr als Zeit zur Neuorientierung


(Zitat) "Die jetzt 50-jährige Antragstellerin hat eine Ausbildung in der Finanzverwaltung gemacht und kann daher nicht als beruflich völlig unqualifiziert betrachtet werden. Es können ihr insoweit durchaus ordentliche Vermittlungschancen eingeräumt werden. Dass sich die Antragstellerin in einem ihr zumutbaren Umfang um eine Arbeitsstelle bemüht hätte, kann nicht festgestellt werden. Sie kann im Hinblick auf die Vergangenheit nicht darauf verweisen, dass sie lediglich im Geringverdienerbereich tätig gewesen ist. Mit Ablauf des Trennungsjahres findet eine Neuorientierung statt, wobei das Trennungsjahr als Zeit zur Neuorientierung genutzt werden muss. In diesem Jahr sind solche Anstrengungen zu unternehmen, die es der Unterhaltsberechtigten ermöglichen, spätestens nach Ablauf des Trennungsjahres zu arbeiten. Solche Bemühungen können nicht festgestellt werden. Von einer Unvermittelbarkeit der Antragstellerin kann damit ebenfalls nicht ausgegangen werden. Insoweit ist die Antragstellerin, da es um die Deckung ihres Unterhaltsbedarfes geht, darlegungs- und beweispflichtig. Sie ist darlegungsbelastet geblieben."

OLG Köln, Beschluss vom 29.12.2008 - II-14 WF 204/08
Übergangszeit: Suche nach einer Vollzeitarbeitsstelle


Dem Unterhaltsberechtigten ist eine angemessene Übergangszeit von sechs bis zwölf Monaten zuzubilligen, um sich auf die geänderte Rechtslage nach dem Unterhaltsrechtsänderungsgesetz einzustellen und neben der Betreuung zweier Kinder im Alter von 15 und 12 Jahren eine Vollzeitarbeitsstelle zu finden. Das erste Trennungsjahr dient als Zeit für eine Neuorientierung. Schon vor Ablauf des ersten Trennungsjahres muss sich der unterhaltsbedürftige Ehegatte auf seine zukünftige Eigenständigkeit vorbereiten und sich um eine vollschichtige Erwerbstätigkeit bemühen, um seine Bedarfslücke nach Ablauf des ersten Trennungsjahres mit eigenen Einkünften so weit wie möglich selbst zu schließen.

BGH, Urteil vom 29. November 2000 - XII ZR 212/98
Einsetzende Erwerbsobliegenheit vor Ablauf des ersten Trennungsjahres


(Zitat) "Der zeitliche Beginn einer Erwerbsobliegenheit ist indessen nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen. Im vorliegenden Fall hat zwischen der Eheschließung und der Trennung der Parteien ein Zeitraum von knapp 2 1/2 Jahren gelegen. Im Dezember 1995 lag die Trennung der Eheleute acht Monate zurück. Beide Parteien hatten bereits im Mai 1995 Antrag auf Scheidung der Ehe gestellt. Die Klägerin war im Dezember 1995 23 Jahre alt; gesundheitliche Beeinträchtigungen hat sie nicht geltend gemacht. Das Kind Ronja lebte seit der Trennung nicht bei der Mutter. Die finanziellen Verhältnisse der Parteien waren beengt (...) Diese Umstände sprechen, wie die Revision zu Recht geltend macht, für eine verstärkte Erwerbsobliegenheit, insbesondere für deren Beginn bereits vor Ablauf des Trennungsjahres. "

BGH, Urteil vom 18. April 2012 - XII ZR 73/10
Erwerbsobliegenheit bei Verfestigung der Trennung


(Zitat, Rn 18) "Der nicht erwerbstätige Ehegatte kann nach § 1361 Abs. 2 BGB nur dann darauf verwiesen werden, seinen Unterhalt durch eine Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen, wenn dies von ihm nach seinen persönlichen Verhältnissen, insbesondere wegen einer früheren Erwerbstätigkeit unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe, und nach den wirtschaftlichen Verhältnissen beider Ehegatten erwartet werden kann. Insofern kann insbesondere die Betreuung minderjähriger Kinder einer Erwerbsobliegenheit entgegenstehen. Anders als in § 1570 BGB für den nachehelichen Unterhalt werden die Voraussetzungen, unter denen Trennungsunterhalt wegen Betreuung eines Kindes verlangt werden kann, in § 1361 BGB nicht konkretisiert. Für den Trennungsunterhalt gelten zunächst großzügigere Anforderungen hinsichtlich einer Erwerbsobliegenheit als sie in § 1574 BGB für den nachehelichen Unterhalt bestimmt sind. Denn die bestehenden Verhältnisse sollen geschützt werden, damit die Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht erschwert wird. Mit zunehmender Verfestigung der Trennung wird allerdings eine allmähliche Annäherung der unterschiedlichen Maßstäbe der Erwerbsobliegenheit bewirkt; wenn die Scheidung nur noch eine Frage der Zeit ist, besteht für eine erheblich großzügigere Beurteilung in der Regel kein Grund mehr (Senatsurteile vom 5. März 2008 - XII ZR 22/06 - FamRZ 2008, 963 Rn. 26 und vom 29. November 2000 - XII ZR 212/98 - FamRZ 2001, 350, 351; vgl. auch MünchKommBGB/Weber-Monecke 5. Aufl. § 1361 Rn. 54 und Dose FamRZ 2007, 1289, 1296)."


Leistungsfähigkeit

Eigenbedarf | Einkommen | Vermögen
des unterhaltspflichtigen Ehegatten


Zwar fehlt für den Trennungsunterhalt eine > gesetzliche Vorschrift zur Leistungsfähigkeit. Doch ist für jeden Unterhaltsanspruch anerkannt, dass dieser durch die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners begrenzt ist. Erzielt der unterhaltspflichtige Ehegatte kein > unterhaltsrelevantes Einkommen, das den Eigenbedarf | Selbstbehalt übersteigt oder besitzt er kein > unterhaltsrelevantes Vermögen, so ist er im Sinne des Unterhaltsrechts nicht leistungsfähig. Der Selbstbehalt ist ein anderer Begriff für Eigenbedarf des unterhaltspflichtigen Ehegatten.

Halbteilungsgrundsatz | Selbstbehalt


Bei jedem > Ehegattenunterhalt ist die Grenze zum individuellen Selbstbehalt in erster Linie durch den > Halbteilungsgrundsatz markiert. Erst in zweiter Linie kommt es auf den > Selbstbehaltssatz für getrennte Ehegatten lt. Düsseldorfer Tabelle an.


Begrenzung
§ 1361 Abs.3 BGB

Gesetzestext


"(3) Die Vorschrift des § > 1579 Nr. 2 bis 8 über die Beschränkung oder Versagung des Unterhalts wegen grober Unbilligkeit ist entsprechend anzuwenden."

Anmerkungen


Auf der > fünften Prügungsebene zum Unterhaltsanspruchs ist die Frage zu klären, ob der ermittelte Unterhaltsanspruch nach Gesamtwürdigung aller Umstände in der ermittelten Höhe zugesprochen werden kann oder ein solcher Anspruch "grob unbillig" erscheint. Auch dieser Prüfungsschritt ist beim Trennungsunterhalt angezeigt. Das bringt § 1361 Abs.3 BGB mit Verweis auf die Fälle der > verhaltensbedingten Verwirkung beim nachehelichen Unterhalt (§ 1579 BGB) zum Ausdruck.

Wer sich schuldhaft grob unsolidarisch und illoyal gegen den Unterhaltsschuldner verhält, kann nicht die Solidarität und Loyalität des Unterhaltsschuldners und damit Zahlung von Unterhalt erwarten und riskiert den  Durchsetzungseinwand der Verwirkung wegen illoyalen Verhaltens.

Darin steckt der allgemeine Grundgedanke, dass illoyales Verhalten gegenüber dem Ehegatten (> Versagungsgründe des § > 1579 Nr. 2 bis 8 BGB) den Ehegattenunterhalt kosten kann. Nur auf den Ausschlussgrund der > kurzen Ehedauer verweist § 1361 Abs.3 BGB für den Trennungsunterhalt nicht.


Beispiele
aus der Rechtsprechung


OLG Hamm, Urteil vom 19.07.2011 - 13 UF 3/11
Der schwerwiegende Ehebruch


Anmerkung: Nach § 1361 Abs.3, § 1579 Nr.7 BGB kann z.B. der Unterhaltsanspruch verwirkt werden, wenn der Ehepartner während der berufsbedingten Abwesenheit des anderen ein Verhältnis zu einem gemeinsamen Freund aufnimmt und das zuerst geheime Verhältnis selbst nach Aufdeckung offen fortsetzt.


BGH, Urteil vom 18. April 2012 - XII ZR 73/10
Neuer Lebenspartner


(Zitat, Rn 34) "Bei der Beurteilung der Frage, ob die Klägerin mit ihrem neuen Partner in einer verfestigten Lebensgemeinschaft gelebt hat, wird zu berücksichtigen sein, dass aus der Verbindung unstreitig ein Kind hervorgegangen ist. Dieser Gesichtspunkt kann - ebenso wie der Umstand, dass die Klägerin mit ihrem Partner seit Mai 2008 in einer gemeinsamen Wohnung lebt - dazu führen, dass bereits vor einer Dauer von zwei bis drei Jahren vom Vorliegen des Tatbestandes des § 1579 Nr. 2 BGB auszugehen ist. Das ändert allerdings nichts daran, dass der Unterhaltsanspruch der Klägerin nur insoweit zu versagen oder herabzusetzen ist, wie die Inanspruchnahme des Beklagten auch unter Wahrung der Belange der drei Kinder grob unbillig wäre."


OLG Brandenburg, Beschluss vom 15.9.2015 – 10 UF 288/13
Beschränkung wegen Tätlichkeiten


(Zitat, Rn 128) "Ein schwerwiegendes Fehlverhalten kann aber nicht nur durch Verletzung der ehelichen Treue verwirklicht werden, sondern auch in dem Verstoß gegen andere eheliche Pflichten liegen (Wendl/Siebert, a.a.O., § 4 Rn. 1353). So können die Voraussetzungen des § 1579 Nr. 7 BGB auch gegeben sein, wenn die Trennung aufgrund von Tätlichkeiten eines Ehegatten erfolgt (Eschenbruch in: Eschenbruch/Schürmann/Menne, Der Unterhaltsprozess, 6. Aufl., Kap. 1 Rn. 1867; vgl. auch BGH, NJW 1986, 1340, 1342). So liegt es hier, wobei es der Beschwerdeführer nicht bei Tätlichkeiten gegenüber der Beschwerdegegnerin belassen hat, sondern sie insbesondere auch während der Dauer der Ehe immer wieder durch massive Beleidigungen in ihrer Persönlichkeit herabgewürdigt hat."


FAQ
zum Trennungsunterhalt

Wie sichert man den Unterhalt
ab Trennung?


Wer Trennungsunterhalt begehrt, muss dafür ab Trennung aktiv werden. Um keine Ansprüche zu verlieren, sind > Sicherungsmaßnahmen zu ergreifen. Trennungsunterhalt ist > gesondert geltend zu machen. Der Trennungsunterhalt ist verfahrenstechnisch stets in einem isolierten > Unterhaltsverfahren geltend zu machen. Er kann nicht auf Antrag mit dem Scheidungsverfahren > verbunden werden. Denn Trennungsunterhalt ist kein Unterhalt für den Fall der Scheidung, sondern für die Trennungsphase bis zur Scheidung. Der > nacheheliche Ehegattenunterhalt Unterhalt kann dagegen als > Folgesache zum Scheidungsverfahren anhängig gemacht werden.

Welche Finanzierungshilfen gibt es?


Sprechen Sie Ihren Anwalt auf die Kosten einer Beratung wegen Trennung direkt an. Wir bieten Ihnen eine > kostenlose Ersteinschätzung Ihrer Rechtsangelegenheit an.


Kann Trennungsunterhalt
vertraglich geregelt werden?


Einvernehmliche Regelungen, die einen (Teil-)Verzicht auf Trennungsunterhalt zur Folge haben, sind unwirksam. Nur wer freiwillig höheren als nach gesetzlichen Regeln ermittelten Trennungsunterhalt bezahlen möchte, kann dies rechtsverbindlich vereinbaren.
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Links & Literatur



Links



Literatur


  • Graba, Die Bedeutung der Trennung für den Unterhalt, in: NZFam 2018, 1112
  • Bömelburg, Der Trennungsunterhalt, in: Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrechtlichen Praxis, 9. Aufl. 2015, Rn 21 ff.
  • Huhn, Gesaltungsmöglichkeiten beim Trennungsunterhalt, in RNotZ 2007, 177

In eigener Sache


  • OLG Brandenburg - 9 UF 49/19, Trennungsunterhalt bei > Karrieresprung nach Trennung, unser Az.1102/18, Vortrag zum Karrieresprung: D3/959-19
  • AG Mühldorf am Inn - 2 F 477/18, einstweiliges Anordnungsverfahren wegen Trennungsunterhalt, unser Az.: 602/18
  • AG Besigheim - 4 F 310/17 eA, einstweiliger Tennungsunterhalt nach konkreter Bedarfsermittlungsmethode, unser Az.: 124/16, Antrag: D3/189-17
  • AG Hamburg - 273 F 161/16, einstweiliges Anordnungsverfahren wegen Trennungsunterhalt, unser Az.: 509/16