Standort: Kanzlei für Familienrecht > Infothek > familienrechtliche Vereinbarungen > Ehevertrag > Scheidungsfolgenvereinbarung > Unterhalt vereinbaren > Unterhaltsvereinbarung abändern
Unterhaltsvereinbarungen entfalten - auch ohne Titulierung - > vertragliche Bindungswirkung. Sie können eine von gesetzlichen Vorschriften abweichende Unterhaltsverpflichtung begründen und nicht ohne Weiteres einseitig > abgeändert werden. Da freiwillig vereinbarte Unterhaltszahlungen - ohne unmittelbare Konsequenzen - jederzeit eingestellt werden können, besteht für Unterhaltsgläubiger ein herausragendes Interesse an einer vollstreckungsfähigen Unterhaltsvereinbarung (> Titulierungsinteresse). Vollstreckbare Unterhaltsvereinbarungen treten entweder in Form einer notariell beurkundeten Scheidungsfolgevereinbarung (§ > 794 Abs.1 Nr.5 ZPO) oder in Form gerichtlich protokollierter Verinbarungen (§ > 1585c S.3 BGB) in Erscheinung. Zu den alternativen (kostenlosen) außergerichtlichen Vollstreckungstiteln
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VERTRAGSFREIHEIT
im Familienrecht und ihre Grenzen
In der Praxis wird von Unterhaltsgläubigern häufig der Wunsch geäußert zu den Unterhaltsverpflichtungen eine vertragliche Regelung zu fixieren. Motiv dafür ist meist den Unterhalt zu begrenzen, so dass der Unterhaltsberechtigte einen (Teil-)Verzicht auf seine Ansprüche erklärt. Hervorzuheben ist hier das Verbot des Verzichts auf gesetzlichen Unterhalt für die Zukunft gem. § 1614 Abs.1 BGB (> Unterhaltsverzicht).
Vom gesetzlichen Verbot des Unterhaltsverzichts sind nacheheliche Unterhaltsansprüche ausgeklammert (> hier). Jetzt müssen die Hürden der > Wirksamkeitskontrolle beachtet werden. Danach kann z.B. der Ausschluss des nachehelichen Unterhalts wegen Kinderbetreuung unzulässig sein. Zu den möglichen Nichtigkeitsgründen einer familienrechtlichen Vereinbarung
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Für die Zukunft kann auf den Unterhalt nicht verzichtet werden.
Anwendungsbereich:
Das gesetzliche Verbot des > 1614 Abs.1 BGB gilt wegen seiner systematischen Stellung im BGB für alle Formen des Verwandtenunterhalts, dh. für > Kindesunterhaltsansprüche und > Elternunterhaltsansprüche. § > 1361 Abs.4 S. 4 BGB erklärt über den Verweis auf § > 1360 a Abs.3 BGB das gesetzliche Unterhaltsverzichtverbot des § 1614 Abs.1 BGB auch für den > Trennungsunterhalt für anwendbar. Dem gegenüber ist ein Verzicht auf künftigen > nachehelichen Unterhalt möglich.
Inhalt:
§ > 1614 Abs.1 BGB verbietet es dem Unterhaltsgläubiger per Gesetz, für die Zukunft auf Unterhaltsansprüche zu verzichten. Zum einen soll damit der Unterhaltsbedürftige vor einer Übervorteilung, zum anderen der Staat für Inanspruchnahme von Sozialleistungen ohne > Regressmöglichkeit gegen den Unterhaltsschuldner geschützt werden. Das gesetzliche Verbot des § 1614 Abs.1 BGB gilt wegen seiner systematischen Stellung im BGB für alle Formen des Verwandtenunterhalts, dh. für > Kindesunterhaltsansprüche und > Elternunterhaltsansprüche. § > 1361 Abs.4 S. 4 BGB erklärt über den Verweis auf § > 1360 a Abs.3 BGB das gesetzliche Unterhaltsverzichtverbot des § 1614 Abs.1 BGB auch für den > Trennungsunterhalt für anwendbar.
AG Königstein, Beschluss vom Urteil vom 16.03.2020 - 14 F 204/16 UEUK (unser Az.: 15/19)
Zur konkludenten - unabänderlichen - Freistellungsvereinbarung vs. unzulässiger Unterhaltsverzicht
Anmerkung: Hier hat das Familiengericht eine > Scheidungsfolgenvereinbarung ausgelegt und in Bezug auf vereinbarten > Kindesunterhalt eine wirksame konkludente Freistellungsvereinbarung zwischen den Eltern erkannt. Die Mutter wollte als Vertreterin des bei ihr lebenden minderjährigen Sohnes einen höheren Kindesunterhalt gegen den barunterhaltspflichtigen Vater, als nach Scheidungsfolgevereinbarung vorgesehen, durchsetzen. Dafür hat sie sich auf Unwirksamkeit der Unterhaltsvereinbarung zum Kindesunterhalt wegen § > 1614 Abs.1 BGB berufen und die > Abänderung der Unterhaltsvereinbarung beantragt. Das Familiengericht wies den Abänderungsantrag zurück, weil die Freistellungsvereinbarung zum Kindesunterhalt > unabänderlich verereinbart sei. Das ergäbe sich aus dem Kontext der Scheidungsfolgenvereinarung und dem daraus zu folgernden konkludenten Willen der Eltern. Mehr zum vertraglichen Ausschluss der Abänderung von Unterhaltsvereinbarungen
> hier.
BGH, Urteil vom 04.03.2009 - XII ZR 18/08
Kriterien für wirksame Freistellungsvereinbarung vs. unzulässiger Unterhaltsverzicht
Anmerkung:
AG Tostedt, gerichtlicher Hinweis vom 21.01.2021- 14 F 117/19 (intern vorhanden; unser Az.: 13/20)
Rechtsnatur der Freistellungsvereinbarung - Erfüllungsübernahme oder Vertrag zu Gunsten des Kindes?
(Zitat) "Grundsätzlich ist festzustellen, dass sich Eltern im Verhältnis zueinander über die von ihnen zu leistenden Unterhaltsbeträge verständigen und insoweit auch einen Unterhaltspflichtigen von Unterhaltszahlungen freistellen können (Freistellungsabrede als Erfüllungsübernahme im Sinne des § 329 BGB). Eine solche Freistellung von Unterhaltsansprüchen berührt den gesetzlichen Unterhaltsanspruch des Kindes grundsätzlich nicht. Die Kinder können sich nach wie vor an den an sich barunterhaltspflichtigen Elternteil wenden. Gleichwohl kann die Freistellungsvereinbarung zwischen den Kindeseltern auch als Vertrag zugunsten des volljährigen Kindes angesehen werden, soweit dadurch ein unmittelbarer Anspruch des Kindes gegen den freistellenden Elternteil begründet werden soll (vgl. dazu Wendl/Dose, 10. Aufl., § 2, Rn. 762; > BGH, Urteil vom 16.01.1980 - IV ZR 115/78)."
Praxistipp: Mit Blick auf die restriktive Auslegung einer konkludenten Freistellungsvereinbarung empfiehlt es sich, schriftlich und ausdrücklich den Willen für eine Freistellung aufzunehmen. Ferner ist es ebenso wie bei dem Abschluss von notariellen > Eheverträgen vor einer Eheschließung angezeigt, die korrekte Höhe des Kindesunterhalts sowie die Motive der Parteien für eine solche Vereinbarung darzustellen, ferner die für den jeweiligen Elternteil hiermit verbundenen Vorteile.
BGH, Beschluss vom 30.09.2015 - XII ZB 1/15
Kriterien für wirksame Vereinbarungen über künftigen Trennungsunterhalt
Leitsätze:
Anmerkung: Damit § 1614 Abs.1 BGB greift, ist es nicht erforderlich, dass in der Vereinbarung das Wort "Verzicht" vorkommt. Es genügt wenn eine Vertragsklausel gewählt wird, die nach ihrem Sinn und Zweck einem Unterhaltsverzicht gleichkommt (BGH, Beschluss vom 29.01.2014 - XII ZB 303/13: keine Umgehung durch ein "pactum de non petendo"). Die Frage der Nichtigkeit stellt sich lt. Rspr. erst dann, wenn der gesetzlich geschuldete Unterhalt um mehr als 20 % unterschritten wird (vgl. Palandt - Brudermüller, BGB, 77. Aufl. 2018, § 1614 BGB Rn.1 m.w.N.; OLG Frankfurt, Beschluss vom 14.09.2017 - 3 UF 247/16 - intern vorhanden, unser Az.: 15/19). Ein Verzicht auf > rückständigen Unterhalt verbietet § 1614 Abs.1 BGB für keinen der genannten Unterhaltsansprüche. Die Eheleute können > nacheheliche Unterhaltsansprüche vertraglich regeln (§ > 1585 c BGB). Auch ein Verzicht auf nachehelichen Unterhalt für die Zukunft ist möglich; vor Scheidung aber nur in notarieller Form oder mit gerichtlicher Protokollierung (> Mehr).
Dem Verzicht auf > Ehegattenunterhalt nach Scheidung steht zwar nicht das > gesetzliche Verbot des § 1361 Abs.1 BGB entgegen, aber jetzt sind die Hürden der > Kernbereichslehre maßgebend. Danach kann z.B. ein > Unterhalt wegen Kinderbetreuung wegen Eingriff in den > Kernbereich nicht wirksam ausgeschlossen werden.
Leitsatz: Die Form des § 127 a BGB ersetzt bei einer vor Rechtskraft der Ehescheidung geschlossenen Vereinbarung zum nachehelichen Unterhalt auch dann die notarielle Beurkundung, wenn die Vereinbarung in einem anderen Verfahren als der Ehesache protokolliert wird. Eine Vereinbarung kann daher insbesondere im Verfahren über den Trennungsunterhalt formwirksam abgeschlossen werden.
(Zitat, Rn 18) "Nach § 127 a BGB wird die notarielle Beurkundung bei einem gerichtlichen Vergleich durch die Aufnahme der Erklärungen in ein nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung errichtetes Protokoll ersetzt. Diesen Erfordernissen genügt nach § 113 Abs. 1 FamFG, §§ 160 ff. ZPO auch ein Protokoll in einer Familienstreitsache (zum Anspruch auf Protokollierung vgl. Senatsbeschluss BGHZ 191, 1 = FamRZ 2011, 1572). Aus der Regelung in § 1585 c Satz 3 BGB, nach der § 127 a BGB auch auf eine Vereinbarung Anwendung findet, die in einem Verfahren in Ehesachen vor dem Prozessgericht protokolliert wird, folgt nicht, dass die notarielle Beurkundung ausschließlich durch eine in der Ehesache protokollierte Vereinbarung ersetzt werden kann".
Um die Anlässe für eine Abänderung einzudämmen, können Unterhaltsansprüche (vor allem der nacheheliche Unterhalt) mit einem Pauschalbetrag, fester Laufzeit und unter Ausschluss einer Abänderung vereinbart werden. Oder Unterhaltsansprüche werden mit einer > Wertsicherungsklausel versehen. Im Bereich des > Kindesunterhalts wird mit > dynamischen Unterhaltstiteln einer möglichen Abänderung entgegen gewirkt.
Notarielle Unterhaltsvereinbarungen zum Ehegattenunterhalt werden zur > Inflationsbereinigung üblicherweise mit > Wertsicherungsklauseln versehen. Ob und wie Wertsicherungsklauseln vollstreckbar sind
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Kindesunterhalt wird in der Regel mit Hilfe der Düsseldorfer Tabelle berechnet (> Bedarfsermittlung mit Düsseldorfer Tabelle). Die Tabellenwerte verändern sich zum einen mit dem Alter des Kindes. Zum anderen erscheint alle zwei Jahre eine neue Düsseldorfer Tabelle mit Anpassung der Tabellenwerte an den aktuellen Existenzminimumbericht der Bundesregierung (> Kalkulationsgrundlageder Düsseldorfer Tabelle). Daran anknüpfend erlaubt § 1612a BGB die Errichtung > dynamischer Kindesunterhaltstitel.
ABÄNDERUNG
vollstreckbarer Unterhaltsvereinbarungen
Kaum ein rechtlicher Gegenstand unterliegt solchen Veränderungen wie ein Unterhaltsanspruch. Bemessungsgrundlagen, die einer Unterhaltsberechnung zu Grunde gelegt wurden, verändern sich im Laufe der Zeit. Dementsprechend kurz ist die Haltbarkeit von Unterhaltsvereinbarungen.
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