Standort: Kanzlei für Familienrecht > Infothek > Kindschaftssachen > Kindeswohl > Umgang mit Kind > Wechselmodell > Wechselmodell vereinbaren > Wechselmodell durchsetzen > Mitbetreuung & Unterhalt
Weil es im Ergebnis zur Reduzierung der Barunterhaltslast des umgangsberechtigten Elternteils kommt, besteht in der Praxis häufig auch aus diesem Grund ein starkes unterhaltsrechtliches Motiv zur Durchsetzung eines ausgedehnten Umgangsrechts. Hierher gehört u.a. das Angebot an den kinderbetreuenden Elternteil, bei der Mitbetreuung behilflich zu sein, um Druck auf die Erwerbsobliegenheit des kinderbetreuenden Elternteils auszuüben.
Ist der barunterhaltspflichtige Elternteil zusätzlich gegenüber dem Ex-Partner unterhaltspflichtig, weil dieser wegen der Kinderbetreuung unterhaltsbedürftig ist (> Betreuungsunterhalt), so kann der Unterhaltsschuldner daran interessiert sein, seine Unterhaltslast zu reduzieren, indem er die (Teil-)Übernahme der Kinderbetreuung anbietet. Dies hat zur Folge, dass den kinderbetreuenden, unterhaltsbedürftigen Ex-Partner eine > Erwerbsobliegenheit neben der Kinderbetreuung. Kommt der Ex-Partner seiner Erwerbsobliegenheit nicht nach, muss er sich die Zurechnung > fiktiver Einkünfte gefallen lassen, was seine Bedürftigkeit reduziert. Grundsätzlich ist ein Mitbetreuungsangebot zu berücksichtigen, wenn es dem > Kindeswohl entspricht. Rein unterhaltsrechtliche Erwägungen werden nur nachrangig berücksichtigt.
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(Zitat, Rn 14) "Der Antragsgegner unterliegt bereits einem grundsätzlichen Irrtum: Er scheint davon auszugehen, dass er, weil er mit den beiden Kindern einen über das “übliche” Maß hinausgehenden Umgang pflegt, seine Arbeitszeit in mehr oder weniger beliebigem Ausmaß kürzen könnte. Das ist nicht der Fall. Bereits das Familiengericht hat ihn in der angegriffenen Entscheidung sehr deutlich, unter Anführung der aktuellen, höchstrichterlichen Rechtsprechung (Beschluss, dort S. 7 unter II.2.a) (aa) [I/174]) darauf hingewiesen, dass auch ein barunterhaltspflichtiger Elternteil, der den Umgang mit dem Kind in einem gesteigerten Maße wahrnimmt und für dieses in erhöhtem Umfang Betreuungs- und Versorgungsleistungen erbringt, gleichwohl uneingeschränkt barunterhaltspflichtig ist (bzw. bleibt). Der Antragsgegner ist daran zu erinnern, dass der Bundesgerichtshof wiederholt - u.a. in der vom Familiengericht zitierten Entscheidung vom 12. März 2014 (BGH, Beschluss vom 12. März 2014 - XII ZB 234/13, FamRZ 2014, 917 [bei juris Rz. 37f.]) und zuletzt im Beschluss vom 5. November 2014 (BGH, Beschluss vom 5. November 2014 - XII ZB 599/13, FamRZ 2015, 236 [bei juris Rz. 22]) - darauf hingewiesen hat, dass bei einem erweiterten Umgang lediglich eine > Herabstufung in der “Düsseldorfer Tabelle” bis hinunter zum > Mindestunterhalt vorgenommen werden kann. Eine weitergehende Herabstufung auf Unterhaltsbeträge unterhalb des Mindestunterhalts kommt nach der Rechtsprechung nicht in Betracht; das gilt, wie die beiden genannten Entscheidungen zeigen, insbesondere auch dann, wenn der barunterhaltspflichtige Elternteil einen erweiterten Umgang wahrnimmt. Soweit der barunterhaltspflichtige Elternteil über eine ausreichende Leistungsfähigkeit verfügt - die ggf., den allgemeinen Regeln entsprechend, auch fiktiv zugerechnet werden kann - ist eine weitere Reduzierung des Kindesunterhalts ausgeschlossen. Das ergibt sich zwingend aus dem Zusammenspiel der §§ 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB und § > 1612a Abs. 1 BGB: Danach kann das minderjährige Kind von einem Elternteil, mit dem es nicht in einem Haushalt lebt - das Aufenthaltsbestimmungsrecht für beide Kinder steht der Mutter alleine zu -, stets den Mindestunterhalt verlangen. Der Mindestunterhalt orientiert sich an dem nach statistischen Methoden in regelmäßigen Abständen ermittelten Existenzminimum, also demjenigen Betrag, den das Kind mindestens benötigt, um die wirtschaftlichen Grundlagen seiner Existenz zu gewährleisten (vgl. Büte/Poppen/Menne-Poppen, Unterhaltsrecht [3. Aufl. 2015], § 1612a BGB Rn. 1ff.). Der andere, betreuende Elternteil muss zum Barunterhalt des Kindes dagegen grundsätzlich nichts beitragen, weil er der ihm obliegenden Unterhaltspflicht bereits durch die Pflege und Erziehung des Kindes nachkommt (§ 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB sowie Büte/Poppen/Menne-Menne, Unterhaltsrecht [3. Aufl. 2015], § 1606 BGB Rn. 11). Anderes gilt - von hier nicht relevanten Sonderfällen abgesehen - nur dann, soweit das Kind im > Wechselmodell betreut wird (vgl. nur Büte/Poppen/Menne-Menne, Unterhaltsrecht [3. Aufl. 2015], § 1606 BGB Rn. 16): Dieser Fall ist vorliegend jedoch, wie das Familiengericht bereits überzeugend dargelegt hat, nicht gegeben; hierzu hat der Senat bereits das erforderliche gesagt (Schreiben vom 16. Oktober 2015, dort Ziff. 1; II/48)."
Anmerkung: Das Kammergericht sieht die Grenze für die (freiwillige) Arbeitsreduzierung im Interesse einer Mitbetreuung des Kindes dann erreicht, wenn das Existenzminimum des Kindes nicht mehr gesichert ist. Insofern wird auf die > gesteigerte Erwerbsobliegenheit des barunterhaltspflichtigen Elternteils abgestellt. Andererseits hat der BGH eine Verletzung von Erwerbsobliegenheit der Eltern bereits dann festgestellt, wenn der angemessene Unterhalt der Kinder nicht mehr sichergestellt wird (vgl. Senatsurteil vom 31. Mai 2000 - XII ZR 119/98 - FamRZ 2000, 1358, 1359 m.N.). Damit kann nach u.A. ein begehrter ausgedehnter Umgang bereits abgelehnt werden, wenn mangels ausreichendem Einkommen der Unterhalt des Kindes nicht wenigstens in Höhe von 120 % des Mindestunterhalts nach § 1612a BGB gedeckt werden kann. Sie auch weitere Anmerkung zur Entscheidung des KG von Wener Reinken, in NZFam 2016, 266.
Wir erleben in unserer Praxis, dass der Wunsch nach einem > Wechselmodell ungebrochen stark ist. Im Gegensatz zu anderen Ländern gibt es im deutschen Recht keine gesetzliche Verankerung des Wechselmodells. Das BVerfG (NZFam 2015, 755) hat im Jahr 2015 entschieden, dass der Gesetzgeber nicht gehalten ist, die Anordnung paritätischer Betreuung als Regelfall vorzusehen. Das BVerfG (Beschluss vom 22.012018 - 1 BvR 2616/17) sieht auch im Jahr 2018 - nach der > BGH-Entscheidung zum Wechselmodell im Jahr 2017 - keine verfassungsrechtliche Verpflichtung des Gesetzgebers (Anmerkungen dazu von Martin Löhnig, in: > NZFam 2018, 459). Eine entsprechende Petition zum Bundestag blieb erfolglos (> Petition zur Einführung des Wechselmodells zum Deutschen Bundestag). Wenn keine konkreten Vorschriften zum Wechselmodell existieren, stellt sich natürlich die Frage, nach Maßgabe welcher inhaltlichen und verfahrensrechtlichen Vorschriften ein Konflikt um die Durchführung eines Wechselmodells ausgetragen wird. Wenn es zu einer streitigen Auseinandersetzung um das Wechselmodell kommt, d.h. die Installierung oder Beibehaltung des Wechselmodells von einem Ehegatten gefordert wird, ist als Vorfrage zu klären, ob es sich dabei um einen > Umgangsrechts- oder um ein > Sorgerechtsverfahren handelt. Die Streitfrage hat BGH im Jahr 2017 entschieden. Doch stieß diese Entscheidung auf Kritik und in der Praxis herscht weiterhin große Unsicherheit, in welchem Verfahren - Umgangsverfahren oder Sorgerechtsverfahren? - die Einrichtung eines Wechselmodells geltend zu machen ist. Eine ausdrückliche Klarstellung des BGH zur Frage, ob die Anordnung des Wechselmodells auch in einem Sorgerechtsverfahren erfolgen kann, wäre wünschenswert.
BGH, Beschluss vom 01.02.2017 - XII ZB 601/15
Wechselmodell = Teil des Umgangsrechts
Der BGH geht zwischenzeitlich davon aus, dass der Bestand an gesetzlichen Vorschriften es auch zulasse, wenn im Rahmen eines > Umgangsverfahrens die Festlegung der Umgangszeiten so gefordert wird, dass die Betreuung des Kindes unter beiden Eltern hälftig aufgeteilt ist (= Wechselmodell).
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OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 04.02.2020 - 2 UF 301/19
Wechselmodell = Teil des Sorgerechts
Anmerkung: Der OLG Frankfurt a.M. vertritt hier ausdrücklich eine Auffassung, die im Widerspruch zur Ansicht des BGH steht. Dazu die Anmerkung von Werner Schwamb, in NZFam 2020, 249 ff (Zitat): "Wie auch immer man im Meinungsstreit nun zu dieser Entscheidung steht, sie zeigt jedenfalls den insoweit dringenden Reformbedarf auf, was die beiden bisher streng getrennten Verfahrensarten angeht. Ansonsten finden sich die Beteiligten in einem Wirrwarr zwischen Sorgerecht (grundsätzlich beschwerdefähig, aber antragsabhängig) und Umgangsrecht (im EA-Verfahren nicht beschwerdefähig, aber kein Antrag erforderlich) künftig nicht mehr zurecht, zumal die Einordnung nach dieser Entscheidung davon abhängig sein kann, in welchem AG- bzw. OLG-Gerichtsbezirk die Zuständigkeit liegt und in welcher Instanz man sich befindet."
Seit der Entscheidung des > BGH im Jahr 2017 steht fest, dass im Rahmen von Unterhaltsverfahren sowohl um die gerichtliche Anordnung oder Billigung eines ausgedehnten Umgangsrechts als auch um die Herstellung eines > echten Wechselmodells gestritten werden kann. Auch kann nicht vertreten werden, in jedem Fall einen Anspruch auf ein Wechselmodell zu verneinen, nur weil ein Elternteil dies nicht will. So kann sich die Ablehnung des Wechselmodells durchaus als rechtsmissbräuchlich darstellen, wenn das Kind in einem Alter ist, in dem der sog. „Haushaltsmittelpunkt“ nicht entscheidend für das Kindeswohl ist und die Kinder selbst das Wechselmodell begrüßen. Jugendämter und Sozialpädagogen begrüßen ebenfalls das Wechselmodell. Der Deutsche Familiengerichtstag von September 2013 sieht auch bei geltender Rechtslage Möglichkeiten zur Durchsetzung des Wechselmodells gegen den Willen eines Elternteils
BGH, Beschluss v. 01.02.2017 - XII ZB 601/15
Der gerichtliche Verfahrensweg zum Wechselmodell
Leitsätze:
Anmerkung: Das Wechselmodell berührt beide Aspekte: das Recht auf persönlichen (paritätischen) Kontakt zum Kind (= Umgangsrecht) und das Recht den Aufenthalt des Kindes zu bestimmen bzw. zu regeln (Aufenthaltsbestimmungsrecht ist ein Teil des > Sorgerechts). Die Frage nach der rechtlichen Natur eines Wechselmodells wurde in Literatur und Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortet. Teilweise wird die paritätische Betreuung eines Kindes durch die getrenntlebenden Eltern als Umgangsregelung und teilweise als Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts (= Teil des Sorgerechts) verstanden. Der Deutsche Familiengerichtstag von September 2013 ordent rechtssystematisch das Wechselmodell der > elterlichen Sorge zu. Damit setzt der BGH nun ein Ende und stellt klar, dass im Rahmen eines > Umgangsverfahrens um die Herstellung eines Wechselmodells gestritten werden kann. Doch auch wenn der BGH mit seiner Entscheidung im Jahr 2017 viele grundsätzliche Fragen zum Streit um das Wechselmodell geklärt hat; es bleibt dabei: wenn die Eltern um den Umgang mit den Kindern streiten, ist das ein starkes Indiz gegen die gerichtliche Installation eines Wechselmodells für die Kinder. Weitere Anmerkung zum Urteil von Werner Schwamb, in: > NZFam 2017, 253.
BGH, Beschluss vom 27.11.2019 - XII ZB 512/18
Wechselseitige Loyalität der Eltern
Leitsätze:
OLG Karlsruhe, Beschluss v. 17.02.2020 - 5 UF 6/20
zum Kontinuitätsgrundsatz und Forderung eines Wechselmodells
Orientierungssatz: Der gerichtlichen Anordnung eines paritätischen Wechselmodells steht in der Regel der > Kontinuitätsgrundsatz entgegen, wenn die Eltern zuvor eine außergerichtliche > Umgangsvereinbarung mit einem nicht ganz so weitgehenden Umgangsrecht des nicht betreuenden Elternteils getroffen hatten und diese auch praktiziert worden ist.
OLG Hamm, Beschluss v. 25.07.2011 - II-8 UF 190/10
Das Gericht wies den Antrag eines Vaters auf Herstellung eines Wechselmodells mit folgender Begründung ab:
(Zitat) "Die Frage, ob der Antragsteller die Einführung des Wechselmodells mit einem Umgangsantrag geltend machen kann oder ob hierfür ein Sorgerechtsverfahren einzuleiten ist, kann vorliegend dahinstehen. Denn ein Betreuungs-Wechselmodell setzt die Bereitschaft und Fähigkeit der Eltern voraus, miteinander zu kooperieren und zu kommunizieren. Nach der Stellungnahme des Jugendamtes im Anhörungstermin am 09.06.2010 waren die Gespräche, die mit den Kindeseltern geführt wurden, sehr konfliktbehaftet. Die Kommunikation zwischen den Kindeseltern war nach Einschätzung des Jugendamtes schwierig. Die Kindesmutter hat die Ansicht vertreten, dass ihre Beziehung zu konfliktbehaftet sei, um ein Wechselmodell hinzubekommen, und befürchtet, dass Z dann zwischen den Stühlen sitze. Sie hat sich vor diesem Hintergrund gegen das Wechselmodell ausgesprochen. Hieran hält sie auch im Beschwerdeverfahren fest. Gegen den Willen eines Elternteils kann nach ständiger Rechtsprechung des Senats ein Betreuungs-Wechselmodell nicht familiengerichtlich angeordnet werden (vgl. auch OLG Brandenburg, FamRZ 2011, S. 120; OLG Koblenz, FamRZ 2010, S. 738; OLG Dresden, FamRZ 2005, S. 125; OLG Brandenburg, FamRZ 2009, S. 1759). Soweit in dem Antrag des Antragstellers als Minus jedenfalls ein Antrag auf > Ausweitung der bisherigen Umgangsregelung (alle 14 Tage von freitags nach der Schule bis sonntags 18 Uhr sowie ein Nachmittag in der Woche, in der kein Umgangswochenende stattfindet, von nach der Schule bis 18 Uhr) enthalten ist, bestehen auch insofern keine Erfolgsaussichten für die Beschwerde. Das Amtsgericht hat zu Recht darauf hingewiesen, dass der > Zweck der Umgangsregelung darin besteht, dem umgangsberechtigten Elternteil die Möglichkeit einzuräumen, sich laufend von der Entwicklung und dem Wohlergehen des Kindes zu überzeugen und dem Liebesbedürfnis beider Teile Rechnung zu tragen und einer Entfremdung zwischen dem Kind und dem umgangsberechtigten Elternteil vorzubeugen. Diesem Zweck wird die bestehende Umgangsregelung vollumfänglich gerecht. Darüber hinaus sind, darauf hat das Amtsgericht ebenfalls zu Recht abgestellt, auch das Umgangsrecht der Mutter und die Freizeitgestaltung des Kindes zu berücksichtigen. Vor diesem Hintergrund kommt eine Ausweitung der bestehenden Umgangsregelung nicht in Betracht."
OLG Brandeburg, Beschluss v. 07.06.2012 - 15 UF 314/11
Das OLG lehnt einen Anspruch auf richterliche Anordnung eines Wechselmodells mit der Begründung ab, dass hierbei ein Elternteil eine paritätische Regelung zum Aufenthaltsbestimmungsrecht anstrebt, wozu das Gericht nicht befugt ist. Seit der BGH-Entscheidung im Jahr 2017 so nicht mehr haltbar.
(Zitat) "Die Anordnung eines Wechselmodells wäre dem Familiengericht auch im Wege der Sorgerechtsentscheidung versagt, weil es gem. § 1671 Abs. 2 BGB zwar das Recht zur Aufenthaltsbestimmung einem Elternteil übertragen kann, nicht jedoch dazu befugt ist, dieses Recht anstelle der Eltern auszuüben (BVerfG, FamRZ 2003, 511; OLG Düsseldorf, ZKJ 2011, 256)."
OLG Köln, Beschluss vom 14.03.2012 - 4 UF 235/11
Das OLG Köln betont die Notwendigkeit eines räumlich sicheren Lebensmittelpunktes für das Kind (Residenzmodell). Seit der BGH-Entscheidung im Jahr 2017 ist diese Aussage nicht mehr haltbar.
Wie wird sich ein Wechselmodell (wöchentlich wechselnder Aufenthalt der Kinder beim Antragsteller und der Antragsgegnerin) auf die Kinder auswirken?
"[...] Gegenwärtig gibt es keine Basis für die Etablierung eines paritätischen Wechselmodells, insbesondere nicht für einen wöchentlich wechselnden Aufenthalt der Kinder, da die Kommunikationsebene der Kindeseltern nachhaltig gestört ist und die gegenseitige Gekränktheit es verhindert, dass sich die Kindeseltern aufeinander zu bewegen. Die Kindeseltern sind gegenwärtig nicht in der Lage, eine tragfähige elterliche Kommunikationsebene zu erarbeiten - Insofern ist die zwangsläufige Folge, dass ein eindeutiger Lebensschwerpunkt für die Kinder festgelegt wird. Vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Problemlage wird sich ein Wechselmodell im herkömmlichen Sinne (mit 50 %iger Aufteilung) eher negativ auf die Kinder auswirken, da es nicht zu erwarten ist, dass die Verantwortlichkeiten eindeutig geklärt werden können.
Perspektivisch ist allerdings nicht auszuschließen, dass sich die Kindeseltern annähern und in ferner Zukunft auch ein Wechselmodell etablieren. Dies kann aber nur gelingen, wenn Umgangsregelungen nicht mit finanziellen Wünschen gekoppelt werden.[...]"
Haben die Eltern bereits einvernehmlich ein -> Wechselmodell über längere Zeit praktiziert und will ein Elternteil an dem Wechselmodell nicht mehr festhalten, so kann sich die Abänderung der einmal getroffenen Regelung wiederum als problematisch darstellen. Hier tritt nun das Kontinuitätsprinzip als Ausfluss des Kindeswohls in den Vordergrund. Dabei kann nach dem KDG Berlin kann ausnahmsweise auch gegen den Willen eines Elternteils eine Betreuung nach Art eines Wechselmodells angeordnet werden.
KG Berlin, Beschluss vom 28. 02.2012 - 18 UF 184/09
Anmerkung: Hier hat das Kammergericht Berlin gegen den Willen eines Elternteils die Fortführung eines bereits praktizierten Wechselmodells beschlossen. Begründung: In Ausnahmefällen kann Betreuungs-Wechselmodell familiengerichtlich angeordnet werden, wenn das Wechselmodell im Hinblick auf das Kindeswohl geboten ist und dem eindeutig geäußerten und belastbaren Willen des Kindes entspricht (§ 1671 Abs. 1 und Abs. 2 BGB, § 1684 Abs. 3 BGB).
(Zitat) "Ganz wesentlicher Streitpunkt der Eltern ist die Frage, ob J... überhaupt bei einem Elternteil ihren Lebensmittelpunkt haben sollte oder ob das Kind im wöchentlichen Wechsel jeweils bei beiden Elternteilen leben soll. An ihrer ablehnenden Haltung zum Wechselmodell hat die Mutter bis zum Schluss des Anhörungstermins festgehalten. Zwar kann nach der Rechtsprechung verschiedener Oberlandesgerichte gegen den Willen eines Elternteils ein Betreuungs-Wechselmodell nicht familiengerichtlich angeordnet werden (OLG Hamm NJW 2012, 398; vgl. auch OLG Brandenburg, FamRZ 2011, S. 120; OLG Koblenz, FamRZ 2010, S. 738; OLG Dresden, FamRZ 2005, S. 125; OLG Brandenburg, FamRZ 2009, S. 1759). Vielmehr ist es in solchen Fällen in aller Regel geboten, die gemeinsame elterliche Sorge in Bezug auf das Aufenthaltsbestimmungsrecht aufzuheben und dieses auf einen Elternteil allein zu übertragen. Dieser Auffassung ist der Senat bisher uneingeschränkt gefolgt, vermag sich dem allerdings für den vorliegenden Ausnahmefall unter Zurückstellung eigener erheblicher Bedenken gegen das Wechselmodell nicht anzuschließen. Das Wechselmodell kann vielmehr nach Auffassung des Senats im Einzelfall dann gegen den Willen eines Elternteils angeordnet werden, wenn dies im Hinblick auf das Kindeswohl geboten erscheint. Wenn das Wechselmodell in Ausnahmefällen dem Kindeswohl am besten entspricht, kann > von Seiten des Gerichts nur der Umgang geregelt werden. Denkbar ist zwar auch, das Aufenthaltsbestimmungsrecht im wöchentlichen Wechsel zwischen den Eltern aufzuteilen. Dieser Weg ist aber nach Auffassung des Senats rechtlich bedenklich, weil ein derartiger Eingriff in das Sorgerecht kaum gerechtfertigt erscheint; er ist aber auch vor allem völlig unpraktikabel. Die Möglichkeit der Anordnung eines Wechselmodells führt dann aber dazu, dass ein Eingriff in die gemeinsame elterliche Sorge und die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf einen Elternteil allein nicht mehr erforderlich ist, um dem Wohl des Kindes genüge zu tun, sondern dies ist im Wege einer > Umgangsregelung anzuordnen. So ist es hier."
OLG Koblenz, Beschluss vom 12.01.2010 - 11 UF 251/09.
Rechtsmissbräuchliche Ablehnung eines fortgeführten Wechselmodells
(Zitat) "Anhaltspunkte dafür, dass [die Ablehnung des Wechselmodells durch einen Elternteil] rechtsmissbräuchlich und aus eigennützigen Motiven (z.B. Unterhaltszahlungen) erfolgt, sieht der Senat nicht. Damit fehlen die Grundvoraussetzungen für die Fortsetzung des Wechselmodells."
Anmerkung: Als Korrektiv sieht auch das OLG Koblenz, dass die Ablehnung des Wechselmodells sich nicht als rechtsmissbräuchlich und aus eigennützigen Motiven (z.B. Unterhaltszahlungen) erfolgt, darstellen darf. Ist dies aber nicht der Fall, besteht kein Anspruch auf ein Wechselmodell.